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Filo Rings

15. Januar 2012
Objektiv – Charakter

Tagebuch-Gedanken: 2012-Januar-15

Jedes Aufnahme-Objektiv hat einen Charakter.

Ein Zoom-Objektiv unterscheidet sich wesentlich in der Bildwiedergabe von Fest-Brennweiten mit gleicher Brennweite, selbst bei gleicher Lichtstärke. Selbst zwei Objektive mit gleichen Daten unterschieden sich und sogar zwei Objektive gleichen Typs aus gleicher Serie können sich unterscheiden, wenn auch sehr geringfügig und oft nicht wahrnehmbar. Denn Glas ist kein einheitlicher Rohstoff der immer gleich ausfällt und je mehr Gläser verwendet werden, desto größer die möglichen Unterschiede.(das gilt im Übrigen auch für Ferngläser, Spektive, Mikroskopier-Objektive, Vergrößerungs-Objektive, Projektions-Objektive etc.)
Wenn Fotografen auf ihr 1,2/85 mm Canon, auf das 1,4/85 mm Zeiss, auf die Zuiko-Objektive von Olympus wie 2,0/150 mm, auf ein 2,8/105 mm Micro-Nikkor, ein 1,8/77 mm Pentax Limited, auf ein 0,95/25 mm Voigtänder oder eines der zahlreichen Summilux, Summicron oder andere Leica Objektive schwören – dann ist das selten Spinnerei – sondern sie lieben dessen Farb- Schärfe- und Wiedergabe-CHARAKTER. Erst im direkten Vergleich werden Unterschiede sichtbar. Ich weiß genau warum ich die Zeiss-Objektive weniger mag und die Leica-Objektive liebe , aber deshalb sind die Zeiss-Objektive keinesfalls per se optisch schwächer in der Abbildungsleistung – sie gefallen mir nur weniger. Warum Menschen mit Olympus fotografieren? Ganz einfach, weil sie den Vergleich zu Canon, Nikon, Pentax, Zeiss oder Sony kennen und wissen, das Zuiko einen ganz ausgeprägten, eigenen Charakter hat.

Bildbeispiel – Polarfuchs –
seit 20 Jahren fragen mich alle Fotofans & Leser immer wieder:
Gibt es einen sichtbaren Unterschied zwischen einem
Canon EF 2,8/400 mm L IS II Profi-Super-Tele
und dem beliebten Canon EF 5,6/100-400 mm L IS ?
 

Ja – es gibt ihn und er ist sichtbar!
Hier: abgelichtet mit; Canon Eos 7D & 2,8/400 mm L IS II  f:2,8

Unvergleichlich – Blende 2,8 bei 400 mm – damit ist es jedem 4,0/500 mm überlegen und wird auch nicht vom 4,0/600 mm und nicht vom 5,6/800 mm geschlagen – mal ganz abgesehen vom Handling und Gewicht…

Ob es 10.500 € wert ist – muß jeder mit seinem Geldbeutel ausmachen und hängt von der Häufigkeit ab – mit der man es nutzt. Es ist in erster Linie ein Tierfotografen – Objektiv geworden, so schön leicht (3,8 kg) jetzt und so eine sagenhafte Nah-Einstellung und Qualität (2,7 m)!

Für die Sport-Fotografen, die es häufiger gerne verwenden, ist es eigentlich fast zu schade, diese Auflösuung und geringe Schärfentiefe brauchen die eigentlich kaum und sie können ISO 6400 und mehr benutzen. In der Tierfotografie verbietet sich das und Tiere bewegen sich oft so schnell, das auch 1/1000 Sekunde bei Offenblende und 800ISO schon sehr kritisch sein kann und 1/2000 Sekunde gebraucht wird! Es ist das Objektiv für Bewegung – wenn jede Nuance zählt.Dennoch favorisiere ich das halb so schwere und erheblich kompaktere 4,0/400 mm DO weil ich es immer freihand einsetzen kann und dem Tier folgen kann und F:4,0 der perfekte Kompromiss ist. Das sind auch die Gründe warum die Systeme von Nikon und Sony für mich uninteressant sind – sie biten kein 4,0/400 mm an und haben auch andere Schwächen. Das einzige was ich neben Canon noch im Supertelebereich einsetze ist die Olympus E-5 mit dem sagenhaften 2,8/300 mm (entspricht 2,8/600 mm Bildausschnitt) – es ist zwar etwas langsamer im Fokus – aber noch einen Tick schärfer und verträgt sich excellent mit beiden Konvertern und ist noch handlicher. Nichts gegen Nikon, aber weder 4,0/200-400 mm VR noch 4,0/500 mm sind da echte Konkurrenz.

 

Polarfuchs –
Der Unterschied zwischen einem 2,8/400 mm und dem 5,6/100-400 mm L IS 

Achten Sie auf den Hintergrund!
abgelichtet mit; Canon Eos 7D & 2,8/400 mm L IS II  f:5,6

Polarfuchs –
Der Unterschied zwischen einem 2,8/400 mm und dem 5,6/100-400 mm L IS
Achten Sie auf den Hintergrund!
abgelichtet mit; Canon Eos 7D & 5,6/100-400 mm L IS
(ausgesuchtes Spitzenexemplar)  f:5,6

Das 100-400 mm ist scharf, keine Frage – aber es vignettiert bei Offenblende viel stärker und es zeichnet ganz anders und gibt den Hintergrund bei identischer Blende ganz anders wieder als eine 2,8/400 mm L IS – und das trifft auch auf das 4,0/400 mm DO IS zu – das ich praktisch immer verwende!Das Zoom ist prima, wenn man flexibel sein muß – aber die Bildqualität mit der Festbrennweite ist immer sichtbar überlegen!

Die Hersteller nennen das heute gerne Bokeh und mancher denkt es sei abhängig von der Form der Blende und der Anzahl der Blendenlamellen – die Blende spielt eine gewichtige Rolle, aber nur dann wenn auch abgeblendet wird – nicht aber bei Offenblende! Das wird häufig vergessen! Auch wenn nur 1-2 Stufen abgeblendet wird, ist der Einfluß der Blende noch nicht so gewaltig groß. Herausragende Objektive verwenden mindestens 9 machmal sogar 10 oder 11 Blendenlamellen um ein kreisrundes Schließen der Blende sicher zu stellen (Leica, Voigtländer etc).

Diese Bildbeispiele betrachte ich auch als kleine Rechtfertigung dafür, warum ich das Canon 5,6/100-400 mm oft so sehr kritisiere, von seiner Mechanik einmal abgesehen –

ich war viele Jahre mit Canon 4,5/500 mm und dann mit 4,0/600 mm und 2,8/400 mm Objektiven auf Motivsuche – der Unterschied zum viel verwendeten Tele-Zoom ist einfach gewaltig. Das trifft iim übrigen genauso auf das Nikon 80-400 mm, das Sony 70-400 mm und alle Sigma und Tamron-Zooms zu und etwas schwächer auch auf das Olympus 50-200 mm.

Deshalb sind Tele-Zooms für mich immer ein Notbehelf.

Sie haben ihre Sonnenseiten:

– viel leichter

– viel kompakter

– sehr schnell – besonders das Canon mit Schiebezoom und rasend schnellem  AF

– preiswert 1300€ gegen 10.500 €

Aber auf der Schattenseite:

– nicht Konvertertauglich

– vignettieren sehr stark

– haben eine deutlich größere Unruhe im Bildhintergrund

– sind schwach abgedichtet

 

Die Unterschiede bestehen natürlich auch zwischen Leica-Objektiven und allen anderen, oder zwischen einem Leica 1,4/90 mm und einem Canon/Nikon 1,4/85 mm.

Solche Fragen bekomme ich häufig gestellt:

Hallo Harry,
habe in Deinem Fototagebuch den Beitrag über die Leica-Objektive gelesen.
Zweifelsohne sind sie das Beste was man im Objektivbereich für Geld kaufen kann. Mich würde interessieren, ob dieser Unterschied im Vergleich zu Nikon- oder Canon Festbrennweiten wirklich (merklich) sichtbar oder nur messbar ist?

Zuerst einmal der Faktor:  Geld –

es ist wie bei Apple, bei Porsche (nicht mehr so ganz) bei Rolex – die Produkte sind nur relativ teuer – in Wahrheit sogar günstig, weil Leica Objektive sehr begehrt sind (die allermeisten) und sich leicht verkaufen und ihr Geld behalten, bzw oft auch steigern, weil sie jedes Jahr teurer werden. Also das Argument, 4000€ für ein Objektiv ist zu teuer – gilt nicht.

Wenn man 4000€ hat, ist es super günstig. Der erste Unterschied von Leica zu Canon, Nikon, Sony, Pentax, Zeiss, ist die Mechanik –
Jahrzehntelang haltbar und die optische Leistung bleibt erhalten!
Dann mußt du bedenken, jedes Objektiv hat einen Charakter, einen eigenen Zauber und der bestimmt letztlich wie du dein Motiv aufnimmst und wiedergibst – Leica ist Leica und Nikon ist Nikon – das muß einem liegen und zu einem passen.
Ich kann nicht mit Zeiss, die sind mir oft zu kühl, zu hart, sogar zu scharf. Scharf und hochauflösend alleine sind nicht wichtig, ich verkaufe viele Bilder, die ich mit billigen Zooms erstellt habe. Für Leica mußt du reif sein, es macht keinen Sinn, gleich damit anzufangen… ich hab mir nur gesagt, ich hab alles gehabt und ich will keine M9 – die ist mir zu langsam, zu groß, zu unhandlich, schränkt mich zu sehr ein, aber Leica Summilux an einer Pen oder Nex, das ist meine Welt, beweglicher Monitor, präziser Sucher, hohe ISOs möglich, leicht scharfzustellen – aber manchmal hab ich auch einfach Lust auf ein billiges 14-42 mm AF-Objektiv. Ich habe aber schon so einge Fotos gemacht, in denen ich und andere eindeutig sehen – das geht nur mit Leica, die Farben, die Schärfe, die Weichheit, die Tiefe etc und ich gebe lieber 4000€ für Leica aus als 1500 für ein CanNik AF-Objektiv – allerdings braucht man auch nur 1-2 Leica Objektive… bis dann im Herbst ein neues System erscheint, das auch wieder Macro und Tele kann… mal sehn was da wird. Hoffe das schärft deinen Blick etwas und wenn du etwas brauchst, schreib mir – kann ja immer fast alles besorgen.
Natürlich spielen auch Kameras und ihre Aufnahme-Sensoren oder die verwendeten Filme eine Rolle, geben eine Farb-Charakteristik vor – aber die wird für meinen Geschmack überbewertet.
Hier einmal ein Foto realisiert mit Sony Nex 5n und Leica M-Summilux 35 bei Offenblende f: 1,4
Auf diesem sehr spontanen Offenblend-Bild ist für mich der Charakter eines Leica-Summilux-Objektives sehr gut erkennbar – die Aufnahme wäre so mit anderen Objektiven nie möglich.

Veröffentlicht in General, Objektive im Test

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