Tiger-Weibchen in Indien – Freihand 600 mm bei 1/1000 Sekunde
Wir alle, die wir leidenschaftlich gerne fotografieren sind immer wieder heraus gefordert neue Techniken und Ideen auszuprobieren und gleichzeitig erlernte Techniken und Moden in Frage zu stellen und anzupassen.
Das heilige Zubehör zur Photographie war seit Anbeginn das Stativ.
Das Dreibeinstativ wurde erfunden um die schweren Plattenkameras mit großem Balgen Sekunden- und sogar Minutenlang fest an einem unverrückbaren Ort zu halten. Später wurde es verwendet um bei wenig Licht und sogar Dunkelheit eindrucksvolle Fotos zu realisieren.
Auch ich bin in den siebziger Jahren an das Stativ gekettet worden – wiederreden zwecklos, der wichtigste Begleiter eines Fotografen war nicht alleine seine Kamera, sondern sein Stativ. Und Stahlstative von Gitzo, Sachtler und Manfrotto lagen in der Gunst, je nach Geldbeutel vorne. Leider wurde der Kompromiss aus drei Beinen erdacht, dadurch steht es immer kippliger als auf vieren und mindestens ein Bein behindert immer.
Erst durch entsprechendes Gewicht von der Kamera/Objektiv oder durch Beschwerung mit der Fototasche oder anderem Gewicht steht es wirklich sicher. Doch die Konstruktionen und die Stativköpfe, sowie Adapterplattensysteme zur Kamera, in Verbindung mit dem Kamera-Verschluß und dem Auslösen, verursachen bis heute nicht selten verwackelte Fotos. Dabei sind immer die Belichtungszeiten zu berücksichtigen, ein Stativ liefert oft erst stark vergrößerbare, unverwackelte Fotos bei längeren Belichtungszeiten als 1/15 Sekunde. Funkauslöser und Spiegelvorauslösung helfen, doch wirklich einwandfrei arbeiten lässt sich erst, wenn der Verschluß offenbleibt und die Belichtung durch Blitz/Kunstlicht oder manuelle Belichtung geschieht.
Dem Holz-, Stahl- und Alu-Stativ folgte das Carbon-Stativ, bis 30% leichter und kippliger, je nach Rohrdurchmesser, aber dafür schwingungsärmer.
Heute haben wir dank Canon (und Honeywell, Nikon) Bildstabilisatoren in Kleinbild und kompakten Kameras und Pentax sogar schon im Mittelformat.
Von Fotografen mit vielen Jahrzehnten Erfahrung höre und lese ich immer wieder, das nur ein geeignetes Stativ zu knackscharfen Fotos führt, insbesondere im Telebereich. Das ist natürlich Quatsch.
Inzwischen habe ich mehr als 25 Jahre Erfahrungen mit Teleobjektiven ab 300 mm bis hin zu 1600 mm an allen Arten von Kameras und ich belichte heute einwandfrei unverwackelte und druckscharfe Fotografien sogar bei 1000 mm ohne Stativ.
Unerlässlich dabei sind Erfahrungen mit der Kamera, insbesondere dem Verschluß, dem Bildstabilisator und die Verwendung angepasst kurzer Aufnahmezeiten zwischen meistens 1/500 Sekunde und 1/2000 Sekunde.
Moderne Kameras haben eine sehr aufwendige Spiegeldämpfung, oder gar keinen Spiegel mehr. Die Verschlußerschütterungen lassen sich durch Serienbilder eliminieren und die modernsten Bildstabilisatoren funktionieren sogar bei 51 Megapixel Auflösung.
Hier ein paar Beispiel-Fotos, alle mit mehr als 600 mm Brennweite, alle ohne Stativ, aber mit IS und Zeiten kürzer als 1/1000 Sekunde:
Bevor wir an unserem Glauben, unserem Wissen und an Dingen vehement festhalten, ist es ratsam alles hier und heute in Zusammenhang mit dem JETZT zu bringen – nichts hat jemals bestand, alles unterliegt dem Faktor ZEIT.
Wer weiterhin sein Dreibein-Stativ verwenden will, bitte auf den bestmöglichen, geeigneten Kopf achten, niemals den mittleren Auszug verwenden und den unteren Auszug besser nur zur Hälfte ausfahren.
Dreibeinstative sind natürlich weiterhin wichtig für die Nacht-, die Himmels-, die Effekt-, die Panorama-, Fotografie sowie für Bewegungstudien und für Tests und Forschung.
Außerdem ist es wichtig, wenn man lange auf ein Tier warten muß und dann schnell Schärfe und Ausschnitt hat.
Trotzdem ein Drei-Bein behindert einen immer und führt nicht automatisch zu besseren Ergebnissen und es will geschleppt werden. Bei Tieren in der Wildnis ist sein Einsatz oft unmöglich, wenn man keine Deckung hat oder schnell sein muss – da ist teilweise schon ein Einbeinstativ eine zu große Bedrohung.
Deshalb mache ich die weitaus meiste Tele-Fotografie mit Einbein-Stativ (Sirui) oder Freihand – so wie es auch die bestbezahltesten Kollegen und die Meister des Lichts wie Art Wolfe, Jim Brandenburg und zahlreiche andere tun.
Als Ersatz für Ein Dreibein hilft immer noch ein Bohnensack mit Reis gefüllt, ein Stein, Zaun oder ähnliches findet sich fast immer.
Hier ein paar Arbeitsbilder von mir in Indien mit Sirui-Einbein und Kopf – für mich das einzige Stativ, das ich auf Reisen akzeptiere: