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23. Oktober 2017
Canon? Oder wer setzt die Trends in der Kamerabranche?


Der Weltmarktführer – Canon jedenfalls nicht mehr – soviel ist klar.
Eins gleich vorweg, ich habe meine Canon-Objektive und 4 Kameras behalten – Canon EOS 5DSR – Canon EOS 80D – Canon EOS M1 – Canon G5X
Wobei die 5DSR schon nicht mehr mir gehört und die M1 nur ein schöner, roter Hingucker in Schrank ist und ich selbst die 80D nicht mehr so häufig benutze – nur die G5X ist für mich noch konkurrenzloser Spaß.

Ich möchte hier nicht Canon kleinreden, seit beinahe 30 Jahren arbeite ich mit dem System und allen seinen Kameras und bei allen kleineren und mittleren Enttäuschungen, hat mich Canon doch immer wieder mit seinen Objektiven an sich binden können.

Doch genau da sehe ich seit einigen Jahren eine deutliche Schwäche.
Doch der Reihe nach.

Canon und Video
Video, also 4K und die vielfältigen Videofunktionen sind ja heute in aller Munde – da Filmchen heute erstmals überall und dauerhaft verfügbar sind. Die Canon-Kameras sind nicht innovativ genug, einige Gehäuse versuchen Videofilmer zu begeistern und vernachlässigen dafür fast die Fotofunktionen. Doch eingefleischte Videofilmer sind selten von Canon-Kameras nachhaltig begeistert.
Selbst die professionelle Videosparte der Marke kann kaum Fuß fassen, allenfalls die ganz neuen Cinema-Objektive sind am Markt interessant, doch da gibt es jetzt starke Mitbewerber, Zeiss, Leica, Sigma und andere.

Canon und der Monitor
Jüngst sind Zeichnungen und Patente aufgetaucht die verschiedene EOS-Kameras mit großem, sehr beweglichem neuen Monitor zeigen, der sogar über die Kamera geklappt werden kann. Ja es gibt sicher einige, die das gut brauchen könnten, aber bisher haben ja fast nur Einsteiger-EOS-Kameras überhaupt einen voll beweglichen und berührungsempfindlichen Monitor, bei den wichtigsten Kameras, EOS 1DXII – EOS 5DIV – EOS 7DII werden die Profis nicht bedient – warten auf die nächste DSLR-Kamera-Generation.
Dahinter steckt der Gedanke, dass für einen voll beweglichen Monitor auch ein schneller, präziser AF auf dem Monitor verfügbar sein muss. Mit der EOS 80D ist das dank Double-CMOS-Sensor erstmals gelungen. Und seit kurzem verfügt auch die erste Vollformatkamera über diese Technik und den beweglichen Monitor mit berührungsempfindlicher Oberfläche. Es ist das alte Lied, die wirklich innovative Technik baut Canon meist in der Basisklasse ein um damit Erfahrungen zu sammeln. Das war 20 Jahre lange auch gut so, aber heute sind die Mitbewerber so schnell und die Kamerazyklen so kurz…
Die Canon G5X – G1XII – EOS 200D – 800D – 77D – 80D – 6DII sind also bestens ausgestattet – alle anderen nicht.
(EOS M5, M6 und M100 haben nur einen Klappmonitor für Selfies und Querformat)

Canon und der Autofokus
Es schien zunächst eine gute Idee, einen AF so auszulegen, dass eine Fotosituation in der Kamera ausgewählt werden kann. Wenn man mit viel Erfahrung genau weiß, was man fotografiert und wie sich das Motiv bewegt – prima. Aber meistens weiß man das nicht und dann ist jede Nikon Kamera schneller, erkennt automatisch was passiert und bleibt am Motiv dran – letztlich viel besser als jede Canon Kamera.
Genauso muss bei Canon Blitzen immer noch die Kurzzeitsynchronisation eingeschaltet werden, Nikon erkennt das automatisch. Automatik kann helfen.
Die AF-Messfelder sind bei Canon immer noch sehr in der Bildmitte verteilt – da sind fast alle Hersteller weiter und besser verteilt als Canon. Auch die Empfindlichkeit des AF ist Nikon immer unterlegen und für schnellste Bildfolgen mit AF-Nachführung sind heute auch Sony Alpha 9 und Olympus E-M1II harte und bessere Konkurrenten.

Canon und der Sensor
Seit vielen Jahren klagen die Fotografen, dass Sensoren anderer Hersteller weniger Bildrauschen und viel höhere Dynamik zeigen und schon bei JPEGs mehr überzeugen. Ja Canon hat sich in der EOS 1DXII und der 5DIV mehr Mühe gegeben, aber sie müssen sich trotzdem der starken Konkurrenz geschlagen geben. Auch die Farbabstimmung – die sicherlich auch Geschmackssache ist – gefällt längst nicht jedem. Wenn ich parallel mit mehreren Kameramarken das Motiv im identischen Licht fotografiere, fällt mir besonders beim empfindlichen Portrait-Farbton auf: Nikon, Olympus und Fujifilm bieten das beste Farb-Ergebnis. Auch Sony und Pentax sind sehr gut abgestimmt. Aber Canon und Panasonic verlieren im Vergleich sehr deutlich – von 20 verschiedenen Lichtsituationen gefiel mir nur einmal das Canon Bild besser, 3 x Sony und 16x Nikon.
Und selbst der beeindruckende Sensor in der EOS 5DSR war nur so lange spannend, wie ich nicht jenseits 1000 ISO fotografiere und nicht mit einer Sony Alpha 7RII, 9 oder gar Nikon D850 vergleiche. Die Bedeutung der Nikon D850, die insgesamt die viel ausgereiftere Kamera als eine Sony 7RII oder 9 ist, wird man erst im kommenden Jahr begreifen. Und das Canon unbedingt und nachhaltig diesen riesigen Vorsprung von Nikon verkürzen und sich insgesamt neu positionieren muss.
Die Sensoren sind heute eine wesentliche Schwachstelle bei Canon EOS-Kameras.

Canon und die Objektive
Wenn wir ehrlich sind und ich habe alle Objektive neu durchprobiert, fallen die meisten Objektive an den neuesten Kamerasensoren durch.
Ein großes Problem ist die heute zu geringe Auflösung, nicht nur an den Bildrändern.
Aber weit schwerer wiegt für mich die sehr lästige CA – also die Farbsäume, die besonders Portraits sehr hässlich werden lassen und auch jeder Landschafts- und Tier-Fotografie sehr schaden.
Ich habe mein geliebtes 1.2/85 mm L II verkauft und möchte auch nie wieder damit fotografieren. Letztlich brachte auch die Software nicht immer ein einwandfreies Ergebnis, frei von CA. Wenn ich daneben mit einem Nikon 1.4/105 mm arbeite verliert Canon vollkommen. Aber auch Sigma 1.4/85 mm, Sony 1.4/85 mm, Fujifilm 1.2/56 mm, Leica 1.2/42,5 mm zeigen diese massiven Störungen nicht.
Selbst beim 4.0/500 mm L IS II verliert Canon inzwischen gegen Sigma und Nikon.
Bei Canon sind die meisten Objektive für anspruchsvolle Fotografen veraltet:
2.8/14 mm – 2.8/20 mm – 1.4/24 mm – 1.8/28 mm – 1.2/50 mm – 1.4/50 mm – 1.2/85 mm – 1.8/85 mm – 2.0/100 mm – 2.0/135 mm – 3.5/180 mm – 2.8/200 mm – 4.0/300 mm – 5.6/800 mm
Nur bei den Zoom-Objektiven sieht es etwas besser aus, doch auch da beginnen Sony und Nikon schon die neuen Canon Objektive zu deklassieren. Das Canon 2.8/16-35 mm L III verliert gegen das Pendant von Sony, das 4.0/24-105 mm L IS II überzeugt nur wenige, das 5.6/28-300 mm ist nicht mehr gut genug. Ein 100-500 mm oder 150-600 mm fehlt. Die 24-70 mm Konstruktionen könnten von einer Bildstabilisierung deutlich profitieren.
Der IS war jahrzehntelang Vorreiter, doch heute kann eine Olympus bis 2 Sekunden stabilisieren, jede Pentax und viele Sony-Kameras stellen Canon in die dunkle Ecke.

Das Canon sich einmal so technisch überrollen lässt von Nikon und jetzt sogar von Olympus, Sigma, Tamron, Panasonic, Pentax, Fujifilm und Sony – das hätte ich für nicht möglich gehalten.
CANON braucht dringend eine Kameraoffensive mit ganz neuen Sensoren – das betrifft praktisch jede Canon Kamera, auch eine 5DIV oder 6DII – alle sehen gegen die Mitbewerber im Vergleich alt aus.
Solange Sie nicht vergleichen ist noch alles zufriedenstellend mit Canon, aber wehe Sie tun es. Nehmen Sie als Canon-Nutzer bitte keinesfalls eine Nikon D850 – D500 – keine Pentax K1 – KP – keine Sony Alpha 9 – keine Olympus E-M1II – keine Panasonic GH5 – nicht einmal eine Fujifilm X-T2 oder Sony Alpha 6500 in die Hand.
Haptisch mag die Canon weiter überzeugen, aber elektronisch sieht es leider anders aus und die EOS-Objektive sind nicht mehr länger State-of-the-Art.

Wo ist Canon weiterhin spitze?
Bei den Reparaturen (selten tauchen Defekte auf und das meiste kann problemlos repariert werden – Abgesehen von AF-Justagen) und beim Service. Canon EOS-Kameras brauchen bisher sehr wenig Strom und abgesehen von der M-Baureihe und den Einsteiger-EOS sind alle Kameras bestens mit einem haltbaren Akku versorgt.
Haptik und Bedienung sind perfekt ausbalanciert – erst mit den EOS-M Kameras verlässt Canon leider diesen Pfad. Auch Nikon musste für die D500 und D850 erst wieder lernen das die kurzen Griffe der Vorgängerkameras unerwünscht waren.

Canon’s Zukunft
Ob Canon weiterhin der größte Anbieter von Wechselsystem-Kameras bleiben kann bezweifle ich sehr. Das Nikon, Fujifilm oder Sony überholen, ist im Moment nicht absehbar aber Sony nimmt Canon schon in allen Bereichen junge Fotografen weg.
Wenn mehr Leuten klar wird, das die bisher überlegenen EOS-Objektive an den neuesten Kameras nur noch drittklassig sind oder gar das künftige Bajonett nur noch mit Adapter bedient werden kann – ist die Marktmacht von Canon gebrochen.
2018 werden erstmals ernstzunehmende EOS-Kameras ohne DSLR-Technik erscheinen.
Aller Wahrscheinlichkeit wird Canon eine semiprofessionelle Vollformat-Kamera und eine ambitionierte Halbformat-Kamera mit EOS-Bajonett vorstellen. Auch die 7DII braucht dringend eine Auffrischung um sie gegen die D500 zu platzieren, die sollte noch vor dem Sommer erscheinen. Selbst eine neue 5DSR ist denkbar, aber für mich noch nicht so wahrscheinlich.
Objektive wie das 2.8/24-70 mm sind reif für IS und auch sonst hat Canon sehr viel zu tun und wenn sie doch wieder Erwarten schon wieder ein neues Bajonett (nach EFs und EFm!) vorstellen, würden sie ganz neue Objektivkonstruktionen brauchen. Dann wäre Canon für mich allerdings keine Kameramarke mehr die in Frage kommt.
Für mich ist sonnenklar, das Canon 5-10 Jahre braucht um meine Objektivwünsche zufrieden zu stellen – also mit einer Bajonettänderung und Adapter-Notlösung würde ich Canon sofort aufgeben. Sony konnte sich damit durchhangeln und Olympus letztlich auch, aber Canon und Nikon und Pentax würden ihre Marktanteile unweigerlich rasieren.

Ich mag die Sony-Kameras bisher gar nicht und auch nur sehr wenige Objektive aus dem Alpha-Stall – aber jüngere Fotografen ohne Erfahrung sehen das gegenteilig – Sony kann Canon das Genick brechen – die Alpha 9 ist der erste Schritt dazu.
Noch sind die Hauptnachteile alle spiegelfreien Kameras in 2 wesentlichen Punkten zusammen gefasst: Akku und Suchermonitor.
In beiden Disziplinen ist Canon-DSLR-Technik weit überlegen, aber ob das so bleibt wenn Canon auch ohne Spiegel anbietet ist sehr zweifelhaft, denn schon die M-Kameras sind weit unterlegen.

Mein Rat für 2018 – nicht auf Canon warten und die Ausrüstung um Olympus oder Fujifilm ergänzen! Bei Olympus würde ich gleich zu schlagen (E-M1II oder E-M10III) und bei Fujifilm auf kommende Kameras mit Bildstabilisator im Gehäuse warten (X-T2s) – mit Videoschwerpunkt ist die Panasonic GH5 konkurrenzlos und wer sehr Technikaffin ist, kann auch eine Sony Alpha 6500 oder 7RII in Betracht ziehen – allerdings sind die Preise für Sony sehr hoch.


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