Vollformat-DSLM werden in Kürze die Norm
Will uns eine populäre Internetseite weißmachen.
Die Norm von was?
Von besseren Fotos? Die Norm, dass jeder das braucht?
Meine Güte wer überlegt sich so einen Mist.
Ein herausragendes Foto hat fast nie etwas mit der Kamera, geschweige denn mit dem Aufnahmeformat zu tun!
Wer etwas anderes behauptet hat einfach keine Erfahrung und keinen technischen Verstand.
Das gilt übrigens letztlich in entschärfter Form für Datei-Formate – auch sie sind, wie Kameras immer nur ein Mittel zum Zweck. Unterschiede sind oft ausschließlich im direkten Vergleich zu sehen. Und deshalb zumeist irrelevant.
Klar will die Industrie am liebsten Vollformat-Kameras neu verkaufen und dazu schwere, sauteure Objektive. Aber wir entscheiden. Machen wir den Wahnsinn mit?
Die Kameras wie eine Sony Alpha 7III haben jetzt endlich, nach fünf Jahren, eine gewisse Reife und Alltagstauglichkeit erreicht, kompakt sind Objektive allenfalls im Superweitwinkelbereich. Leica probiert noch, senkt aber die Lichtstärken der professionellen Objektive bewußt ab, um sie kompakter konstruieren zu können. Diese Entwicklung werden wir vermutlich auch bei den Meisten anderen erleben.
Auch Canon und Nikon werden in 1-2 Jahren vielleicht nah daran sein. Pentax will an DSLR festhalten, auch bei 645 Mittelformat – sie sind, wie immer seit fast 50 Jahren wieder der letzte Mohikaner – aber es ist gut, dass es den auch noch gibt.
Fujifilm hat den cleversten Schritt vollzogen, Halbformat mit excellenten, kompakten Objektiven und Mittelformat mit den letzten Reserven.
Bei Olympus und Panasonic, die beide auf den kleinsten Sensor setzen, ist nicht auszuschließen das sie sich nicht doch einmal an Vollformat probieren – je nachdem wie wir uns entscheiden.
Wenn viel mehr Menschen als bisher, viel Geld für Vollformat ausgeben wollen – bisher ist das nur ein sehr kleiner Nischenmarkt mit 10-15% am gesamten Fotomarkt – dann wären wir mFT-Anbieter dumm nicht auch auf den Zug aufzuspringen.
Aber bisher bieten nur Sony und Leica Vollformat-DSLM an und sicherlich werden Canon und Nikon folgen.
Auch Sigma, Tamron und Tokina stehen in den Startlöchern – aber auch für die Hersteller ist am wichtigsten, was der Kunde kaufen will. Dazu noch eine Feststellung von mir:
Alle Menschen, die Sigma oder Tamron Objektive an Canon oder Nikon Kameras schnell und besser, als die von Canon und Nikon, finden – haben offensichtlich noch nie mit Motiven in Bewegung zu tun gehabt. Der AF kann bisher einfach nicht so reagieren, wie er das im gleichen System tut – also Nikon Objektiv an Nikon Kamera etc.
Alle können das aber mit Objektiven beeinflussen. Wenn Canon und Sony weiterhin so wenig ernst zu nehmende Objektive für Halbformat (Bitte liebe Industrie nennt es endlich mal so und nicht APS-C!) produzieren, lassen sie Foto-Enthusiasten wenig Auswege, eben Fuji und mFT. Und wenn jetzt Sigma und Tamron auf Vollformat eingeschworen werden (natürlich gibt es da Absprachen und Taktik zwischen So/Ca/Ni und Sigma/Tamron auf der anderen Seite) – dann wird es eng für viele Fotografen, die bisher Canon und Nikon gefolgt sind.
TROTZDEM – Unser Geldbeutel entscheidet.
Der Vorteil der kleinen und etwas leichteren Alpha 7 schwindet sogleich, wenn die Objektive, vor allem die Festbrennweiten wegen der hohen Auflösungen, deutlich größer und dicker und schwerer werden – siehe auch Sigma. Die Entwicklung führt in eine falsche Richtung. Auf Lichtstärke zu verzichten und nur noch mit f:2.8 Festbrennweiten und f:4.0 Zooms zu setzen, wo bisher f:1.8 und f:2.8 üblich waren, kann auch nicht die generelle Lösung sein.
Canon und Nikon werden ab Herbst oder erst im Frühling 2019 erste Versuchsballons starten, Kameras in der Semi-Pro-Klasse einer Sony Alpha 7III, professionelle Kameras ohne Spiegel werden wir wohl tatsächlich erst im Frühjahr 2020 sehen, zur Japanischen Sommer-Olympiade.
Ich denke, was uns da als erste Generation angeboten wird, kann man fast überspringen, denn sie werden weder ausgereift noch fehlerfrei sein, noch wird es ausreichend oder gar exotische Objektive dafür geben. Einstweilen bleibt die ausgereifte DSLR-Technik wichtig und teilweise sogar alternativlos. Denn jetzt 7000-10.000€ für einen Sony Einstieg zu zahlen, wäre eine kostspielige Torheit.
Bei mFT und Fuji verbrennt man da weniger Geld und bekommt moderne Leistung und kompaktere Ausrüstung.
Das Nikon sich dem freien Sony-E-Bajonett anschließt, halte ich für ausgeschlossen, solange Sony nicht Nikon schluckt. Canon wird mit eigenem Bajonett antreten, das vermutlich wieder zu nichts anderem richtig kompatibel sein wird, weder zu EOS-M noch zu EOS.
Vollformat hat Vorteile:
– für höhere Dynamik und geringeres Bildrauschen
– im Weitwinkel- und Normal-Objektivbereich
– adaptieren älterer Objektive zur Nutzung des gleichen Bildwinkels
– geringe Schärfentiefe zum Freistellen mit kurzen Brennweiten
Vollformat hat Nachteile:
– Im Tele- und Super-Tele-Objektivbereich
– Auffällig
– Größe der Objektive
– sehr geringe Schärfentiefe
– AF-Trefferquote
– Kosten
– bisher kein voll beweglicher Monitor
Was jetzt kommen muß
Tun wir mal so, als könnten mit DSLR-Technik keine erstklassigen Fotos mehr erstellt werden – weil DSLM-Kameras ohne Spiegel in allen Belangen technisch und haptisch überholt haben.
Wir wollen erstklassige Fotos von Reisen, von Tieren und Natur (von Familie, Landschaft, etc. sowieso) und befreien uns bitte von dem ursprünglich von Canon verursachtem Druck – das könne nur mit Vollformat gelingen (was einfach falsch ist und leicht zu widerlegen, zumal es ja neben extrem guten kleineren Sensoren auch Mittelformat und Großformat zu kaufen gibt).
Ausflug in die Vollformat-Anfänge:
Ursprünglich hat Canon diesen Druck erfunden und erzeugt um sich einen Wettbewerbsvorteil zu verschaffen und die Menschen von lästigen Objektiv-Rechnereien zu befreien. Im September 2002 erschien die Canon EOS 1Ds und 2005 folgte die Eos 5D. Da waren Nikon und Minolta/Sony und Leica noch weit vom Vollformat entfernt. Nikon erschien erst 2007 mit der D3 auf der Vollformat-Bühne, Sony A900 in 2008, Leica mit der M9 in 2009, Pentax mit der K1 in 2016.
Spiegelfrei ahmte dann Sony das Erfolgsgeheimnis von Canon nach und brachte 2013 die ersten zwei Vollformatkameras Alpha 7 und Alpha 7R. Leica erkannte seine Chance auch schon 2016 und stellte die Leica SL vor. Heute liefern alle außer Panasonic, Olympus und Fujifilm Vollformatkameras. Fujifilm, Hasselblad, Leica und Pentax bieten sogar Mittelformat-Systeme an.
Die Kameras müssen dank spiegelfreier Technik heute für Vollformat nicht mehr zwingend erheblich größer, dicker und schwerer sein (Sony = 650g – 13 x 10 x 7cm) – von Leica mal abgesehen. Die Kamera selbst ist also kaum ein Hinderungsgrund, selbst Mittelformat ist jetzt in kompakter Form und relativ leichten Gehäusen möglich (Hasselblad 725g – 15 x 10 x 7 cm).
Für unsere Reise- und Natur-Aufnahmen brauchen wir nicht wirklich Vollformat, denn das hat auch Nachteile:
– sehr hohe Kosten
– höheres Gewicht
– geringe Schärfentiefe
– größere und schwerere Objektive
Das sind alles Faktoren die Reisen, und jede Form von Fotopirsch teilweise deutlich erschweren.
Prioritäten
Da ich sowieso nicht abgeneigt bin mit mehreren Systemen zu fotografieren und kein System für alle Motive und Lichtsituationen auch nur annähernd perfekt ist, kaufe ich Systeme und vor allem Objektive nach meiner Foto-Priorität.
Mir persönlich sind zum Beispiel Landschaftsaufnahmen nicht mehr so wichtig, damit lässt sich kaum Geld verdienen und auch schon mit mFT lässt sich eine ausgezeichnete Druckqualität und gute Dynamik erreichen. Klar ist sie mit Mittelformat ungleich höher, aber das sind mir die Motive einfach zu selten „wert“. Und Mittelformat ist langsam.
Beispiel, bisher reiste ich um die Welt mit:
DSLR Vollformat: 4.0/16-35 mm 620g, 11,5 cm lang und 72 mm Durchmesser
es geht aber leichter und kompakter mit:
Sony 7 DSLM: Zeiss 4.0/16-35 mm 520g, 10 cm lang und 72 mm Durchmesser
Leica mFT: Leica 2.8-4.0/8-18 mm 320g, 9 cm lang und 67 mm Durchmesser
Wenn man es wirklich wild mit großen Bildwinkeln auf Reisen treiben will, würde ich heute sogar den Kauf einer Sony Alpha 7 mit dem Ultra-WW-Zoom in Erwägung ziehen:
Sony DSLM: 4.0/12-24 mm 570g, 12 cm lang und 9 cm Durchmesser
Das Canon 4.0/11-22 mm wäre mir mit 1.200g viel zu monströs und die wenigen Millimeter Unterschied, selbst zum 16-35 mm reißen es in den allerseltensten Momenten raus. Am wichtigsten bleiben für Landschaften und Architektur, wie Stadtleben Brennweiten von 20-100 mm. Mir sind auch die Zooms wie 2.8/15-30 mm, 4.0/12-24 mm, 2,8/14-24 mm viel zu fett und schwer und sie bergen viel Problempotential (Staub und Schmutz auf Frontlinse, keine Filter, sehr geförderte Frontlinse, wenig wirksame Sonnenblenden etc.).
Bei Porträts und Tieraufnahmen ist es genau umgekehrt, da ist mir nur das Beste gut genug, da brauche ich oft viel Brennweite, Schnelligkeit und Reserven, da müssen Kameras wie D500, D850, X-T2, X-H1 die meiste Zeit ran. Mittelformat ist da unpraktisch und mFT bei wenig Licht öfter nicht gut genug. Meine Teleobjektive wiegen mindestens 1.000g – oft sogar 2.000-3.000g.
So setzt jeder seine Prioritäten.
Für mich nähert sich ein Fotosystem erst dann der besten Tauglichkeit – wenn der Hersteller sowohl Vollformat als auch Halbformat-Kameras mit hohen Auflösungen und Schnelligkeiten liefert. Als einziges System kann das heute NIKON am besten. Canon verwendet einen noch kleineren Sensor (1,6x), weniger gut angepasste Objektive und hat ein inkompatibles Bajonett.
Wenn Fujifilm eine schnellere GFX Mittelformat-Kamera bringt, die bezahlbar bleibt, könnte auch das eine Alternative sein.