Aus aktuellem Anlass, weil Olympus und Panasonic mit 5.5 bis sogar 6.5 EV Stufen immer wieder neue Rekorde in der Bildstabilisierung aufstellen wollen und Sony auch munter trommelt, wie gut neueste Bildstabilisatoren in ihren Kameras sind –
Was bringen Bildstabilisatoren?
Drei im wesentlichen unterschiedliche Arten von Bildstabilisatoren sind bekannt.
Entweder wird das ganze Aufnahmegerät (Kamera un d Objektiv) stabilisiert, oder es befinden sich bewegliche Linsenglieder in einem optischen System oder der Bildsensor in der Kamera wird zum Ausgleich von Verwacklungen bewegt.
Zusätzlich gibt es eine elektronische Bildstabilisierung, die aber zulasten der erreichbaren Bildqualität geht und eher nicht professionellen Ansprüchen genügt.
Die Firma Honeywell hat Gyro-Sensoren für Aufnahmen aus Hubschraubern und anderen Flug-Geräten erfunden, im Filmbusiness setzte sich die Steadycam für Verfolgungsjagten mit der Kamera durch.
Nikon baute die erste Kompaktkamera mit VR-Stabilisator im Zoom-Objektiv.
Canon brachte 1995 das erste bildstabilisierte 5.6/70-300 mm IS Tele-Objektiv und machte dann 1997 mit dem 4.0/300 mm L IS ernst. Es wird seltsamerweise bis heute produziert.
(Eines der Kernprobleme von Canon und auch von Nikon – warum werden völlig überlastete Objektive nicht aus dem Programm gestrichen oder zumindest technisch/optisch aufgewertet?)
Minolta, auch nicht faul, erfand die mechanische Bildstabilisierung am Sensor, in der digitalen Kamera über die Sensorebene, selbst. Pentax und Olympus haben das dann, so gut es ging, perfektioniert.
Vor allem im Kompaktkamera-Bereich hielt eine elektronische Bildstabilisierung dagegen.
Die Wege in professionellen Fotogeräten haben sich getrennt:
Canon und Nikon setzen auf Bildstabilisierung, angepasst an die optischen Systeme in vielen Objektiven. Sigma, Tamron, Tokina – Panasonic und Fujifilm folgten und bringen regelmäßig eigene stabilisierte Objektive. Bis heute gibt es aber nur zwei bildstabilisierte Objektive mit größerer Lichtstärke als f:2.8: Das Tamron 1.8/85 mm VC und das Canon 1.4/85 mm L USM IS.
Nach Minolta/Sony folgten dann Olympus und verzögert auch Panasonic, Pentax und Fujifilm dem Prinzip des gehäuseinternen Bildstabilisators (IBIS).
Nur Leica und Hasselblad haben den Bildstabilisator schlicht weitgehend vergessen. Alle Mittelformat-Kameras verzichten bisher darauf. Pentax hat 2012 das erste bildstabilisierte 2.8/90 mm Makro Objektiv im kleinen Mittelformat 645 präsentiert.
Der Hintergrund ist die mögliche optische Qualität der Linsenberechnungen. Ein IS-System braucht zusätzliche Linsen, deren Lichtverlauf aufwendig korrigiert werden muss, das kann zu größeren Kompromissen führen. Trotzdem haben jetzt Pentax und Fujifilm immerhin ein bildstabilisiertes Macro-Objektiv für ihre Mittelformate im Sortiment.
Und das ist auch der Grund, warum bisher in lichtstarken Festbrennweiten auf Bildstabilisatoren verzichtet wird – schwierige, kostspielige und verlustbringende Linsenkonstruktionen.
Deshalb ist der Ansatz von Olympus so richtig und wichtig:
Mit einem 5-Achsen-Bildstabilisator in der Kamera einfach jedes angeschlossene Objektiv so gut es geht zu stabilisieren UND zusätzlich in den wichtigsten Objektiven und für den Telebereich eine IS-Konstruktion einzusetzen.
Positiv IBIS:
+ alle Objektive werden bildstabilisiert, unabhängig von Alter, Konstruktion und Lichtstärke
+ neueste Systeme bringen ruhige Filmbilder ohne Stativ
+ aufwendige Objektivberechnungen sind ohne optische Einbußen möglich
+ Wirkung in 5 Achsen möglich
+ preislich attraktiv in der Kamera
Schatten IBIS:
– relativ hoher Stromverbrauch in der Kamera
– Erwärmung des Sensors (höheres Bildrauschen) möglich
– schlechtere Performance im Nah- und Tele-Bereich nicht auszuschließen
– teilweise Geräuschentwicklung in der Kamera
Canon und später Nikon hatten anderes im Sinn, beide Firmen bevorzugen auch heute noch die Bildstabilisierung in den Objektiven.
Doch das hat mächtige Nachteile. Denn für diese IS/VR-Einheit müssen 4-6 zusätzliche Gläser im Objektiv untergebracht werden. Das erhöht den Konstruktionsaufwand erheblich und senkt nicht selten die mögliche erreichbare Bildqualität. Es verteuert auch die Objektive.
Ich habe die IS-Bildstabilisierung von Anfang an eingesetzt und habe gerne immer wieder meine Stative zu Hause gelassen.
IS und VR helfen mir auch lange Brennweiten ruhig zu halten, bringen mir ein ruhiges Sucherbild und unverwackelte Fotos. Fotografieren mit 600 mm Brennweite aus freier Hand ist heute kein Problem mehr, so lange ich das Gewicht der Ausrüstung ruhig halten kann – mit einem 150-600 mm kommen da schnell 3 bis 3.5 Kilo Gewicht zusammen, das ist sicher schon grenzwertig, mit 2 Kilo Gewicht lässt sich hingegen perfekt arbeiten, wie z.B. mit der Fujifilm X-H1 plus 5.6/100-400 mm plus 1,4x Konverter.
Ich fotografiere damit viele Blumenmotive aus 1,80m Entfernung.
Auch in Ferngläsern haben die beiden Marktführer die Bildstabilisierung seit einiger Zeit realisiert – das bringt viel Ruhe beim Beobachten. Trotzdem ist die optische Leistung dann nicht immer mit Zeiss oder Leica oder gar Swarovski vergleichbar.
Am Objektiv erkennt man die Bildstabilisierung durch folgende Bezeichnungen:
Canon = IS und IS II
Nikon = VR und VR II
Sigma = OS
Tamron = VC
Panasonic = OIS und Power OIS
Fujifilm = OIS
Olympus = IS und Pro IS
Sony E / FE = OSS
Tokina = VCM
Positiv Objektiv-IS-Systeme:
+ Bildstabilisator genau angepasst an Objektiv und Brennweite
+ beste Ergebnisse auch im Nah- und Macro-Bereich
+ besonders wirksam im Super-Tele-Bereich
+ geringerer Stromverbrauch
Schatten Objektiv-IS-Systeme:
– für bessere, zeitgerechte Performance müssen ständig neue Objektive gekauft werden
– Preisaufschlag bei den Objektivkosten
– zu aufwendig für hochlichtstarke Objektive
– etwas Verzögerung beim Aktivieren
Neuerdings werden besonders die Filmer mit IBIS umworben, Action filmen, befreit vom Stativ, ist heute möglich und zu verlockend. Doch wer sich Dreharbeiten vom Fernsehen und Kinofilmen ansieht, wird sehen, dass eine Steadycam nicht so häufig und dann sehr aufwendig benutzt wird, hauptsächlich für Verfolgungsjagten, gefilmt wird klassisch immer vom Stativ.
Was geht und was geht nicht?
Es gibt immer noch mehr Zweifler am Bildstabi als Überzeugte.
Ich nutze – außer für Tests und lange Warteperioden – seit gut 20 Jahren keine 3-Bein-Stative mehr – für schwere Super-Teles weiche ich auf Einbeinstative aus. Auch bei 50 MP Auflösungen! Fans von weit abgeblendeten Aufnahmen, Sternengucker und Industriefotografen werden den Kopf schütteln – kommen aber nicht zu den gleichen Motiven wie ich. Es ist eben ein gewaltiger Unterschied ob ich dem Motiv frei folgen und mich seinen Bewegungen anpassen kann, ob ich eine Landschaft und Stadtansicht rasch aus verschiedenen Blickwinkeln aufnehmen kann oder starr an einer Stelle verharre und immer wieder neu ansetzen muss.
Die Verwacklungsunschärfe hängt maßgeblich von der Sensorauflösung, der Belichtungszeit (je länger desto stärker muss ein IBIS arbeiten) und der Kamerabauart und nicht zuletzt der Sensorgröße ab. Hinzukommt das eigene Vermögen jedes Fotografen seine Ausrüstung ruhig zu halten oder mit zu führen. Am langen Arm nützt bisher auch die besten IS nicht viel – mit der Kamera am Auge und dem Objektiv sicher in der Hand sieht das dann schon ganz anders aus.
Wenn ich heute von perfekt umverwackelten Fotos mit 28-100 mm Brennweite bei 1 Sekunde und nicht selten auch 2 Sekunden Belichtungszeit berichte, sind fast alle sehr misstrauisch oder lächeln verwegen. Aber es ist ja heute leicht zu demonstrieren und für jeden selbst auszuprobieren – wo seine Grenzen sind.
Definitiv sichtbar ist dann nach dem Vergleich, das Produkte von Olympus die Grenzen weit verschoben haben. Und wie ich von Olympus weiss, sind die Grenzen noch längst nicht erreicht und man wird den Wettbewerbsvorteil stetig ausbauen.
Die Wirkung des Bildstabilisators ist besonders abhängig von der geforderten Sensor-Auflösung – je höher die Auflösung, desto schwächer die Wirkung der Bildstabilisierung.
Was kann Bildstabilisierung nicht?
Motive in Ruhe versetzen!
Jedes Motiv, das sich bewegt, braucht weiterhin eine möglichst kurze Belichtungszeit (1/500 bis 1/8000 Sekunde) – da hilft keine Bildstabilisierung.
Selbst Menschen in der Kirche bewegen sich oft bei 1/30 Sekunde noch zu sehr, um klare, unverwischte Fotos zu bekommen. Da kann ein Aufhellblitz helfen, aber die Belichtungszeit sollte besser bei längstens 1/60 Sekunde bleiben.
Bildstabilisierung ist kein Ersatz für hochlichtstarke Objektive!
Und gleichzeitig macht sie in diesen Objektiven unterhalb 100 mm weniger Sinn.
In Objektiven wie: 1.4/24 mm, 1.4/35 mm, 1.4/50 mm oder 1.4/85 mm oder diesen Brennweiten mit f:2.0, kann keine Stabilisierung wirklich überzeugen, denn es wären zusätzliche Gläser notwendig und das würde zu optischen Verlusten führen. Da ist der Ansatz von Olympus, Panasonic, Sony und Fuji jetzt klar der Richtige.
AKTUELL:
Fujifilm ist zaghaft mit der X-H1 – einer Hybrid-Kamera für Fotografen und Filmer dazu gestoßen – Olympus und später Panasonic haben die nächste Runde eingeleitet und optische Bildstabilisierung mit der Stabilisierung des Sensors in der Kamera (IBIS) kombiniert und noch einmal mächtig voran gebracht.
Die Canon EOS M5 ist seit kurzem die erste Canon-Systemkamera die auch über einen IBIS außerhalb der Objektive verfügt, er kann jedoch bisher nur für Video-Sequenzen genutzt werden – nicht zum Fotografieren! Ich verurteile hier deutlich das Vorgehen von Canon – die schön an ihren bewährten bildstabilisierten Objektiven festhalten wollen – denn das bringt mehr Geld in die Kasse.
Nikon geht mit den Z-Kameras jetzt auch endlich den richtigen weg und setzt auf IBIS! Endlich!
Bildstabilisatoren können heute in Olympus Kameras bis zu 5,5 EV Stufen korrigieren.
Das bedeutet, bei 25 mm Brennweite (die einem Bildausschnitt von 50 mm entspricht!) ist ohne Bildstabilisierung ein unverwackeltes Bild aus freier Hand meistens noch bis bei 1/60 Sekunde Belichtungszeit, realisierbar. Dank IBIS ist jetzt sogar bei ½ Sekunde häufig ein unverwackeltes Bild möglich, sogar bei 1 Sekunde und bei 2 Sekunden schaffen es einige, noch Fotos ohne Verwacklungsunschärfe zu realisieren.
Im Nahbereich und im extremen Tele-Bereich, aber auch bereits ab rund 200 mm sinkt die mögliche Performance des Bildstabilisators in der Kamera und auch mit Weitwinkel-Objektiven ist sie nicht so optimal wie im Brennweiten-Bereich 15-75 mm (bezogen auf mFT mit Faktor 2.0x).
Olympus hat ein 4.0/12-100 mm PRO IS vorgestellt, ich habe damit bewegte Landschaften und fließendes Wasser bei Belichtungszeiten mit bis zu 2 Sekunden ohne jegliche Verwicklung realisiert, bei allen Brennweiten, sowohl bei 12 mm Superweitwinkel als auch bei 100 mm Tele.
In der Tier-Fotografie ist Bildstabilisierung nicht mehr weg zu denken. Sie hilft sogar bei stürmischem Wind und Vogelfotos.
Auch in der Reise-Fotografie würde ich keinesfalls mehr darauf verzichten wollen.
Für gezielte und wohlüberlegte Aufnahme-Projekte ist weiterhin ein Stativ das richtige Mittel der Wahl.
Mit Bildstabilisator gelingt jedenfalls sehr viel und die allermeisten probieren es gar nicht aus.