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Filo Rings

14. Juli 2022
Lichtmalerei mit Canon 2.8/100 mm L Macro SA

Wasserbubbel aus einem Brunnen.

Ich habe mir jetzt doch das RF-Macro von Canon mit SA gekauft.
Denn heute ist mehr begehrt denn ja, die persönliche, einzigartige Kunst-Fotografie, die nicht von digitalen Programmen und Smartphones realisiert werden kann!
Es gibt die Lichtmalerei jenseits der superscharfen Fotografie und die habe ich immer besonders geliebt.
Das beste Beispiel dafür war seit 83 Jahren das Leica M-Thambar und jetzt will ich wissen, was mit dem Canon 2.8/100 mm L Macro SA geht.
Derzeit versuche ich es noch spielerisch auszuloten.
Endlich sind Lichtbubble wie sonst nur mit dem sehr alten einem Leica Thambar 2.2/90 mm oder anderen sehr alten Objektiven möglich.
Ich habe das ganze ausgereizt, Canon R5 mit 1.6x Faktor und offene Blende im starken Gegenlicht das herabperlende Wasser eines Brunnens abgelichtet und dabei SA ganz eins plus gedreht und manuell fokussiert.
Extrem scharfe Fotos kann das Macro-Objektiv bis 1,4:1 sowieso – doch mich interessieren seine anderen Eigenschaften.
Was wirklich wieder zum verzweifeln ist, es sind keine Konverter dafür erhältlich. Ein Ausschnitt mit 160 mm und dann nur 17 MP befriedigt nicht komplett – da bringt die R7 hoffentlich eine weitere Verbesserung. Trotzdem wäre mehr Brennweite hilfreich und ein 1.8/135 mm SA bis etwa 1:2 wäre noch ein Traum.
Solche besonderen Objektive sind das Salz in der Suppe, ohne wird schnell alles fade.

Bevor ich jetzt abschweife, zwei Bilder die verdeutlichen wie stark der Unterschied mit diesem einmaligen Macro-Objektiv ist:

Bild I = Normal
Bild II = maximale Einstellung Plus
Bild III = maximale Einstellung Minus
Zum Glück blieb meine Modell-Mama ruhig sitzen und genoß ihre Nuss – weil oft genug beschwert sie sich laut genug über meine Anwesenheit, sie ist meine Anwesenheit und Kameras noch nicht gewohnt: TschakTschakTschak…

Nikon und Sony lassen derzeit solche Objektive vermissen.
Obwohl alles einmal mit Nikkor 2.0/135 mm DC und 2.0/105 mm DC sowie mit Minolta 2.o/100 mm STF angefangen hatte – nach dem Leica Thambar-M (Thambar bedeutet: Von Schönheit geblendet) aus den 30er Jahren (1935 – es wurden nur rund 3000 Stück gefertigt), natürlich. Verschleiern, blenden und verwischen konnte schon das Thambar und jetzt auch das Canon 2.8/100 mm L Macro.

Heute kann man endlich die Wirkung solcher Objektive im Sucher sehen und annähernd beurteilen. In der Canon R5 sahen die Ergebnisse im Moment der Aufnahme noch mal deutlich spektakulärer aus und in der fertigen Bilddatei sind sie leider etwas gedämpft. Woran das genau liegt kann ich noch nicht sagen. Aber mit einer Spiegelreflex war die Bildwirkung gar nicht abschätzbar. Ich konnte dang meinem Freund FGM ausgiebig mit dem Leica M-Thambar und Zentralfilter von 1935 mm fotografieren. Das war leider keine pure Freude, weil der Sucher eben nicht zeigt, wie die Motive dann wirken und auch in der Rückschau die Wirkung nicht komplett zu erahnen ist.
Ein original M-Thambar gibt es seit 2020 wieder für verrückte 5950€. Sein stufenlos einstellbarer Blendenbereich reicht von 1:2,2 bis 1:25 bei 90 mm Brennweite. Die Weichzeichnung ist bei größter Blendenöffnung am intensivsten und läßt dann kontinuierlich nach, bis das Objektiv bei Blendenstufe 1:9 beginnt, knackscharf abzubilden. Ein serienmäßig mitgelieferter Zentralfilter bringt einen nochmals minimal weicheren Effekt und ist im Blendenbereich von 1:2,3 bis ca. 1:7,5 verwendbar.
Der spezielle Weichzeichnereffekt nimmt zum Bildrand hin zu. Das Thambar hat eine einzigartige Bildwirkung die abgeblendet zusätzlich von einer sehr aufwendigen Blendenkonstruktion mit 20 Blendenlamellen unterstützt. Diese beschert ein besonderes Bokeh mit teilweise kreisrunden Abbildungen bis tief in den Fotohintergrund.
Genau so kann das Canon 100 mm L Macro nicht brillieren, es hat nur 9 Lamellen und abgeblendet sehen die Kreise nicht mehr so gut aus.
Trotzdem stößt Canon hier endlich wieder in den Bereich der künstlerischen Linsen vor.

Die weiche Welle und wie sich die Porträt-Fotografie entwickelte.

Die beliebteste Brennweite ist bis heute das 85 mm, das wurde bis an die Grenzen getrieben und es gab früh 1.7/85 mm und Canon hat seit 1989 ein 1.2/85 mm
Für mich beginnt alles mit dem Leica 2.2/90 mm Thambar – damit hat Leica den blinden Fleck mit der Zentralblende im Bildzentrum erfunden.
(FGM: Der Vorsatz zum Thambar wird gemeinhin als Zentralblende bezeichnet, weil er die zentralen Strahlen ausblenden soll. Nach meinem bescheidenen Kenntnisstand hat kein anderer Hersteller dieses System für die Weichzeichnung benutzt. Verbreitet war die Siebblende (Imagon), die Duto-Scheibe mit den konzentrischen Ringen und das Zeiss-Softar mit einer Oberfläche nach Art von “Rauhputz”. Und da gab es noch das Variosoft von Minolta, bei dem die Position der Linsen zueinander verändert wurde. Eine Zentralblende als Zubehör gab es m. W. nie zu kaufen, die muss man sich wohl selbst basteln. Oder man hat eben das Ding vom Thambar. Einzeln ist die absolut nicht zu bekommen, es gibt genug unvollständige Thambare, deren Besitzer praktisch keine Aussicht haben, ihr Objektiv zu komplettieren. Von manchen Leitz-Sachen gibt es zwar Replikas, aber da Leitz sehr aufwendig gearbeitet hat, sind diese Replikas in der Regel unverschämt teuer und manche Sachen kann man mit vertretbarem Aufwand gar nicht nachbauen. Denn wenn schon Nachbau, dann muss es aussehen wie das Original.  Was ich irgendwo noch haben müsste, ist eine aufsteckbare Siebblende, wenn ich mich recht erinnere, sogar verstellbar wie beim Imagon.  
Ein Objektiv habe ich noch, dass einen Test lohnen würde. Das Astro Portrait 2.3/150 aus der Vorkriegszeit  ist zwar kein expliziter Weichzeichner, aber als Portraitobjektiv mit mäßigem Kontrast konzipiert worden. Zusammen mit der großen Öffnung und mit der geringen Schärfentiefe gab das schon die Bilder, die in der Vorkriegszeit als “künstlerisch” begehrt waren. Und dann noch unvergütet. Da Astro die Wechselstelle seit den dreissiger Jahren nie geändert hat, habe ich auch einen Adapter für Leicaflex, mit dem R-Adapter geht es also sogar an die EOS. Und an mFT kriegt man ohnehin Alles dran. Und wenn wir schon bei Weichzeichnern sind: Das Leitz Summarex 1.5/85 und das Hektor 2.5/125 sind bekannt dafür, bei voller Öffnung sehr weich zu zeichnen, bei Abblendung werden sie dann richtig scharf.  Das 125-er wurde sehr gerne für Portrait benutzt. Die sind bei mir beide vorhanden.)

Das umgekehrte Prinzip: Apodsitation ist die absichtliche Vignettierung der Randbereiche – die Bildmitte bleibt unverändert und scharf. So etwas gab es schon früh als Filter in der Großformatfotografie um unerwünschte Vignettierungen bei Superweitwinkel-Konstruktionen zu korrigieren.


»Das Thambar Objektiv ermöglicht Aufnahmen mit einer romantischen Bildästhetik , die in dieser Form mit anderen Objektiven nicht realisierbar und
die auch heute in digitaler Nachbearbeitung nicht reproduzierbar ist.«
Viele Hollywood-Star-Fotos sind in den 30ern mit dem Leica Thambar entstanden.

 

 

Bemerkenswerte Weichzeichner und Bokeh-Zauberer:
– Voigtländer Petzval (1840) f:1:3.6 erlaubte erstmals scharfe Porträts mit Belichtungszeiten unter 1 Sekunde
– Leica Thambar 2.2/9 cm (1935) 2984 Exemplare mit Zentralblende
– Rodenstock Imagon
– Dreamagon 4.0/90 mm
– Lomography Zenith Petzval 2.2/85 mm (2013 – Wirbel Bokeh)
– Lomography Zenith Petzval 1.9/58 mm (2016 – Wirbel Bokeh)
– Meyer-Görlitz 2.8/100 mm Trioplan (2015 – 15 Blendenlamellen, 3 Gläser = Seifenblasen-Bokeh)
– Leica Thambar 2.2/90 mm (2017)

 


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