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Filo Rings

21. März 2023
MFT: OMDS 3.5/90 mm Macro 2:1 PRO IS im Praxisvergleich

Endlich – ein Macro-Traum wird wahr – lange ersehnt und spät noch eingetroffen.
Besonders am kleineren MFT-Sensor mit nur ¼ der Fläche, machen Macro-Objektive viel Freude und sie sind gegenüber Voll- und Mittel-Format immer im Vorteil. Um so bedauerlicher war es, dass bisher nur 30 mm, 45 mm und 60 mm Macro-Objektive von nicht immer erstklassiger Qualität angeboten wurden. Obwohl das vor 10 Jahren noch ohne IS erdachte 2.8/60 mm Olympus bis heute sehr beliebt ist, kann ich das nicht komplett nachvollziehen. Es ist ein”billige” Plaste-Konstruktion, die allenfalls durch die innovative Schiebe-Sonnenblende heraussticht. Und im Nahmodus bleibt man nur, wenn man  einen Drehschalter an der Seite dreht.

Wer auf diesen blöden Einfall kam… 1:1 nur durch Drehen ganz nach links

Fotografen und Filmer bekommen mit dem 90 mm erstmals alles in einem Tele-Objektiv – IS, Spritzwasserschutz, 2:1, da wird außer vielleicht einem Konverter, sonst kaum Zubehör nötig sein. Und man könnte sogar freihand messerscharfe Fotos erzielen. Man bekommt sehr schnellen AF an der OM-1 oder präzise manuelle Fokussierung.
Für die Baulänge von stolzen 14 cm fühlt es sich mit nur 450g Gewicht sehr leicht an.
Ich bin ja fast nie komplett zufrieden und sehe immer zusätzliche Möglichkeiten, mir ist gleich aufgefallen, dass die hier wichtige Blende nur mit 7 Lamellen schließt. Warum nicht wenigstens 9 oder 10? Ich bin gespannt wie die Hintergründe wirken.
Was ist besonders?
– viele Spezialgläser
– mit beiden Konvertern kombinierbar!
– 5 Achsen Bildstabilisator bis 7 Stufen!
– IP53 Regenschutz abgedichtet und schmutzabweisend
– kältefest bis 14°
– 14 cm lang
– nur 450g leicht
– wird geliefert mit speziellem Microfasertasche und Sonnenblende
– Schiebemechanik für den manuellen Scharfstellring – so muß es sein – kein by wire Fokus.

Das Ganze hat leider einen hohen Preis: erste Exemplare sind seit März 2023 für 1500€ erhältlich. Wie vermutet müssen wir auch hier wieder vorbestellen, da man sonst Monate auf die nächste Lieferung warten muss.

Einzig die Frage, wie man ein solches Spezialobjektiv ohne passende Stativschelle ausliefern kann, bleibt.
Doch gleich vorweg, auch wenn die erwarteten 4 Schrauben der Tele-Zooms von Olympus fehlen, die Schelle des 2.8/40-150 mm passt einwandfrei. Und wenn man sie nicht zu lose dreht, hält sie auch fest genug um zwischen Hoch- und Quer-Format zu wechseln. Kamera und Objektiv werden sicher und präzise gehalten. Dazu trägt eine winzige Nut bei dem 90 mm bei. Nur wenn ich die Schraube zu locker drehe, rutscht das Objektiv heraus.
Also es gibt eine Lösung und wer schon mit Olympus fotografiert, hat sicher das 40-150 mm und somit auch die passende Schelle.

An der optischen Leistung und dem effektiven IS hege ich keinerlei Zweifel, seit ich mir die Neuheit ansehen konnte.
Ich habe es aber auch gleich gegen das derzeit beste und modernste 100 mm Macro-Objektiv antreten lassen: Canon RF 28/100 mm L IS SA.

Vor allem den mechanischen und eben nicht, wie unreflektiert behauptet “by wire MF”, kommt eine zentrale Bedeutung zu. Ich kann nur bei OMDS PRO-IS Objektiven völlig präzise und oft auch mit Gefühl und Widerstand fokussieren. Ich kann auch aus dieser manuellen Scharfstellung blitzschnell in den AF-Modus wechseln, durch ziehen nach vorne und – das ist entscheidend, meine vormals manuelle Einstellung bleibt erhalten und ich bekomme sie sofort wieder, wenn ich zurückziehe. Es kann also wie eine Fokusspeicherung gehandhabt werden. Selbst wenn man im AF-Modus den Fokussring dreht, verändert sich die eingestellte, manuelle Scharfstellung keinen Millimeter.
Pentax und Tokina haben dieses Prinzip einst erfunden. Sehr bedauerlich, das Olympus diese mechanische Entkopplung vom elektronischen Autofokus nicht bei allen PRO Objektiven durchgehalten hat.
Ausschließlich 2.8/7-14 mm – 4.0/8-25 mm – 2.8/12-40 mm – 4.0/12-100 mm – 2.8/40-150 mm – 1.2/17 mm – 1.2/25 mm – 1.2/45 mm – 3.5/90 mm Macro & 4.0/300 mm verfügen darüber!
Es gibt zwei entscheidende Trends in der Nah-Fotografie: Das Smartphone (vor allem von Apple) und Brennweiten die beim Zoom und Festbrennweiten einen Abbildungsmaßstab von 1:2 zulassen! (Canon 8.0/100-400 mm (1:2.3) – 1.8/24 mm – 1.8/35 mm – 2.0/85 mm) – außer Canon schlafen hier fast alle anderen noch. Mit einem 24 mm oder 35 mm aus wenig Abstand lassen sich ganz neue Bildeindrücke, vor allem mit f:1.8 schaffen, versuche es einmal!

 

Ich bin gespannt ob das auch für 1500€ ein Renner wird – ich hatte realistisch mit 1000-1200€ gerechnet.
Aber wenn es ein richtig gutes Werkzeug ist und freihand superscharf zeichnet, wird es das Geld wert sein.
Das geilste ist zweifelsfrei die mögliche Nutzung der Konverter – das hat bisher nur Fuji bei seinem 80 mm Macro!
Canon, Nikon und Sony verbieten das ja regelmäßig – diese Spielverderber!
Wichtig ist die Naheinstellgrenze: 22cm bei maximaler Vergrößerung minus 14 cm für die Baulänge des Objektives, gut 1 cm bis zum Sensor – macht also nur 7 cm Abstand zum Objekt – wenn man keine Sonnenblende verwendet, denn die misst noch einmal gut 5 cm!
Dafür dann eben auch 2:1.
Bei 1:1 gewinnt man nicht viel – dann sind es 10 cm bis zum Objekt!
Was mich persönlich immer genervt hat am 60 mm Macro von Olympus – ich muß immer die Entfernungstaste vorschieben und halten um 1:1 zu erreichen. Leider hat OMDS dieses Prinzip beim 90 mm übernommen. Es sind zwei mechanische Einheiten eingebaut, der Bereich jenseits 1:1 wird erst durch Halten der Super-Macro-Taste erreicht. Das erschwert es für mich sehr, freihand und kontinuierlich zu fotografieren.
Canon 2.8/100 mm reicht auch bis 1,4:1 ohne solche Verrenkungen. Ich brauche solche großen Abbildungsmaßstäbe jenseits 1:2 zu selten, aber mich würde es nerven, dazu dauernd eine Taste zu halten – andere finden es gut.
So ganz versteht es ja OMDS auch nicht, wie der Entfernungsbereich abgestuft sein muss – das haben ja fast alle Japaner verlernt, insbesondere Canon und Sony kapieren es nicht, wie ein Fotograf die Bereiche braucht.Hier werden SuperMacro, Macro (0,25m-0,5m) und eben 0,25 bis unendlich angeboten. Wo ist der schnelle, wichtige Bereich 0,50 m bis Unendlich?

Konverter, ja anders als bei Canon oder Sony passen beide Konverter. Allerdings würde mir bei der OM-1 nie im Leben einfallen einen Konverter zu verwenden und meine Lichtmenge noch weiter zu beschneiden als f:5.0. Auf Tastendruck bekomme ich gleich 2x digitale Vergrößerung, kann also bis 4:1 in Uhren und andere Kosten abtauchen.
Lichtstärke, f:3.5 steht auf der Fassung, bis 1:1 stimmt das auch, allerdings darüber hinaus sinkt die tatsächliche Lichtdurchlässigkeit auf f:5.0 – wie wir das von jedem Balgen, Zwischenringen und jedem Macro-Objektiv kennen.
Nicht vergessen sollte jeder, das ist ein Spezialobjektiv – die Schärfe wird schnell zum Glücksspiel, wenn man nicht gewohnt ist sehr präzise zu fotografieren!

Soweit die Theorie – Kommen wir zur Praxis:
Leider hat OMDS mit seinem 4:1 den Mund reichlich voll genommen und wenn man dann noch darauf vertraut, alles aus freier Hand realisieren zu können – dann ist man von allen guten Geistern verlassen.
Ich habe es wieder besserer Kenntnis trotzdem versucht – doch dann habe ich einiges zu meckern:
Die Schärfe richtig zu legen, selbst bei 1:1 ist dann schon ein Kunststück. Da die Vögelchen alle Federn fleissig eingesammelt und beim Nestbau genutzt haben, war ich froh meine mechanische Uhr mit Glasboden dabei zu haben.
Meine Taktik mit einem AF-Messfeld und AF-C Nachführung zu scharfen Fotos zu kommen ging hier so leidlich, ist aber bei 1:1 und größer mit viel Ausschuss verbunden. Es ist auch weiterhin sinnvoller auf den gewollten Abbildungsmaßstab (der zum Glück auch markiert ist) einzustellen und dann durch vor und zurückbewegen der Kamera versuchen den Bruchteil eines Millimeters auch richtig zu platzieren.  Auch starkes Abblenden führt eher zu optischen Verlusten als zu besseren Fotos. Der manuelle Scharfstellring ist zwar angenehm breit, aber nur 90° Drehung sind für ein Macro-Objektiv von unendlich bis 1 cm Abstand sehr, sehr wenig. Da schnell und präzise die Schärfe zu finden ist praktisch unmöglich, da helfen auch die Monitoranzeigen nicht viel. Man muß vor und zurück, bis es sitz und darf sich ja nicht dabei bewegen. Also das klappt allenfalls vom Stativ und auch da eben nicht komplett zufriedenstellend.
4x Lupen-Macro im Bezug auf Vollformat erreicht man durch Nutzen des S-Macro-Schalters (SuperMacro), zum Glück lässt sich der einfach verschieben (dann kommen wir aber nicht mehr auf größere Entfernungen!) und muß nicht wie beim 60er festgehalten werden.
Den Einsatz mit 1.4x habe ich ausprobiert, aber schon das war kritisch weil noch eine Blende fehlte.Also da mit 2x Konverter zu experimentieren bietet sich nur mit sehr stabilem Aufbau an. Was ich aber gerne genutzt habe, war die digitale Vergrößerung mit Faktor 2x – wie man hier an den Fotos sehen kann.
Aber es gibt ja auch viele, tolle Motive, die kaum 1:1 brauchen und die sind mit dem 3.5/90 mm leicht und einwandfrei scharf zu bekommen. Wobei ich allerdings dann auch gene mit einem Tele-Zoom von 400-600 mm Brennweite arbeite.

Doch jetzt erst einmal ein paar scharfe Praxisfotos – oder vielmehr mein Spiel mit der Unschärfe, denn nichts ist für mich so langweilig wie ein flaches Bild, das überall scharf ist:

Und hier ein paar Fotos mit dem Canon RF 2.8/100 mm L IS
LICHT:
+ 540 g leicht und relativ kompakt

+ gute, stabile Sonnenblende für den Fernbereich (im Nahbereich sehr hinderlich)
+ beide Konverter einsetzbar
+ sehr hohe Schärfe und kaum Kontrasteinbußen
+ keine starken CAs sichtbar

SCHATTEN:
– geringe Lichtstärke, f:5.0 im 2:1 Macro-Bereich
– keine Stativschelle mitgeliefert
– sehr schwierig manuell perfekt zu fokussieren, da nur ¼ Fokussierung
– viel Verwendung von Polykarbonaten
– nur 7 Blendenlamellen
– Made in Vietnam
– sehr hoher Preis

Im Vergleich:
Ich ignoriere jetzt einmal bewußt alle Macro-Objektive für DSLR-Kameras und wie immer kümmern mich manuelle China-Versionen wenig. Dazu nur so viel:
Das Canon EF 2.8/100 mm L IS war bisher das beste DSLR Makro im Bereich 100 mm und hat das Nikon 2.8/105 mm Micro etwas alt aussehen lassen. Pentax hat leider mechanisch auch nicht überzeugt. Bei den ausgesprochenen Tele-Macros hatten Canon, Nikon und Pentax zu lange nichts Frisches mehr geboten, daher sind da mit Abstrichen beim AF nur die letzten Konstruktionen von Sigma 2.8/150 mm, 2.8/180 mm und vielleicht noch Tamron mit dem 3.5/180 mm heute noch interessant – für manuelles arbeiten.
Wer mit den zahlreichen Laowas oder anderen manuellen Konstruktionen froh ist und sowieso weder AF noch IS braucht – den wird meine Einschätzung kaum interessieren und er kann trotzdem sehr scharfe und schöne Fotos schaffen.
Heute gelten aber auch andere Regeln: Macro aus freier Hand ist möglich, dazu sind IS und IBIS eine große Hilfe. Entscheidend ist aber bis heute auch, die manuelle Bedienung, denn sonst muß man sich mit vor und zurückbewegen zufrieden geben oder und AF-C als Hilfe akzeptieren. Und am Stativ ist eine Stativschelle immer noch die entscheidende Hilfe!
Seit der Spiegel weg ist, haben Olympus und Panasonic einiges produziert und sonst war fast Stille. Kein Wunder, hat auch das Smartphone seit 2 Jahren erheblich aufgeholt um kleine Objekte sehr nah und scharf abzulichten.
Das ich vom 2.8/60 mm Olympus nicht so begeistert bin und mich auch die Mechanik des 2.8/45 mm Leica eher abschreckt hatte ich erwähnt.
Inzwischen hat Fuji nach dem eher manuellen 2.8/60 mm (1:2) mit dem 2.8/80 mm viel besser überzeugt, allerdings wird immer wieder eine starke Vignettierung bemängelt, die ich so auf JPEG nicht sehe. Das ist insgesamt eine sehr gelungene Konstruktion.
Sigma hat ein solides 2.8/105 mm ART für Sony und Sony ein sehr leichtes 2.8/90 mm Macro, das bis heute überzeugt.
Erst im letzten Jahr wurden dann endlich ein Nikon Z 2.8/105 mm S VR und ein Canon RF 2.8/100 mm L IS SA vorgestellt. Hiervon überzeugt das Canon mit Maßstab 1,4:1 und SA-Kontrolle auch optisch am meisten. Scharf zeichnen können alle, aber Canon bringt hier die meiste, sinnvolle Innovation, weshalb ich es zum Vergleich mit dem 90 mm OMDS mitnahm. An einer R7 erreicht es Dank zusätzlichem Faktor 1.6x auch fast 2:1 und stößt neben dem OMDS in den Micro-Bereich vor.
Außer Fuji und OMDS haben alle aktuellen Macros einen entscheidenden Fehler: Sie erlauben keinen Einsatz von Konvertern.
Im optischen Vergleich tun sich beide nicht weh, Canon kann immerhin mit 33 Megapixel bei Faktor 1.6x aufwarten und mehr Auflösung zeigen, als die OM-1 mit 20 MP an MFT. Auch mechanisch finde ich das Canon praktischer – aber hier sind gar keine Stativschelle und auch keine Konverter vorgesehen, was die Freude dann wieder trübt. Die SA-Funktion reißt es für mich wieder hinaus, weil so auch spannende Porträts oder veränderte Stimmungen damit realisiert werden können.Es ist bei gleichem Preis deutlich schwerer, etwas dicker und hat eben mit f:2.8 ja fast die doppelte Lichtstärke. Das macht sich auch beim AF bemerkbar, selbst die R7 fokussiert etwas zügiger und entschlossener als die OM-1 mit dem 90 mm.
Also so willkommen und weitgehend gelungen das 3.5/90 mm auch ist – Systemunabhängig ist das Canon 2.8/100 mm die interessantere Wahl.

 

Trotzdem hätte ich mir ein 2.0/90 mm Macro bis 1:1 gewünscht, das dann universeller einsetzbar ist – schon die erste Ankündigung mit f:3.5 hat mich gefrustet. Denn f:2.8 haben sicher fast alle erwartet, zumal das ja einer Schärfentiefe von f:5.6 am VF entspricht.
Aber besser als nüscht – denn das 45 mm und 60 mm sind längst nicht mehr auf dem Stand der Zeit.
Ich habe mit dem Canon 2.8/100 mm L IS zwar nur 1.4x im VF und kann bisher keine Konverter einsetzen, aber SA-Kontrolle möchte ich auch nicht mehr missen. Allerdings sind die Vorteile im MFT für Macro-Aufnahmen wenigstens unbestreitbar! Stacking und LifeND sind immer an Bord.
Ihr seht schon, ich bleibe weiter schwer zu begeistern – im Gegensatz zu den Jubelpersern im restlichen Internet. OMDS hat hier viel getrommelt und versprochen, optisch ist es sehr gut, keine Frage – aber mechanisch hätte ich mir eine andere Konstruktion gewünscht und f:3,5 ist selbst für ein Macro-Tele-Objektiv nicht ideal. Ich finde das immer zu engstirnig, warum wird nicht gleichzeitig ein 2.0/90 mm bis 1:1 präsentiert für 2.300€?

Klug, wer seine MFT-Kamera behalten hat – ab sofort kann es bei mir das 90 MM MACRO mit bestellt werden, einfach Mail an mich!
HarryPX@T-Online.de


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