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28. Februar 2012
Pixel-Auflösung – Fluch oder Segen?

Tagebuch-Gedanken: 2012-Febuar-27

Alle aufgeklärten Fotografen wissen, für ein qualitativ hochwertiges A3 Foto oder die Doppelseite im Magazin reichen 4-5 Mega-Pixel dicke aus. Ich habe hier im Büro noch etliche, lieb gewonnene Ausdrucke aus meiner Canon Eos 1D (4,1 MP) und Olympus E-1 (5 MP) hängen und verblasse damit immer die Pixel-Freaks.
Aber sicher sind die Fotos mit guten Objektiven bei gutem Licht gemacht.
Canon pushte danach die Pixelzahlen immer weiter bis auf 21 MP und könnte den Bildpunkten immerhin mehr Platz – vergrößerte den Sensor auf 24×36 mm Kleinbild-Format, was dann später zum “Vollformat” gejubelt wurde.

Nikon und Olympus hielten sich bewußt zurück und hatten auch zunächst keine Ambitionen auf Vollformat. Dann kam Sony mit Macht, übernahm Minolta und wirft mit Sensoren und Kameras nur so um sich, kann Vollformat und packt 24 MP darauf und im nächsten Schritt dann sogar auf den Halbformat-APS-C Sensor. Olympus durchbricht seine eigenen Grenzen und veröffentlich eine Kamera mit 16 MP, Nikon setzt jetzt eins drauf und überholt kurzfristig mit 36 MP und lässt sogar den AA-Filter weg. Synchron dazu werden auch schnell die kompakten Digicams für jedermann von 3 MP auf 16 MP und sogar 18 MP katapultiert, trotz den winzigen Abmessungen des Sensors. Seit dem Erfolg des berührungsempfindlichen Monitors setzen auch die Handys auf Megapixel, von 3 MP auf 8 MP und jetzt ist Nokia wieder da und baut das erste Handy mit 41 MP Sensor.


Da kann einem schwindelig werden, es kommt nicht allein auf die Größe des Sensors an, sondern was die Kamera damit macht. Nokia beschreitet jetzt einen anderen Weg und nutzt nicht 41 MP (Nokia 808 PurView)  für jedes Bild sondern gibt besonders gute und verhältnismäßig rauscharme Fotos mit 3, 5 oder 8 MP frei.
Der Aufnahmesensor, der dafür verwendet wird ist 5x größer als alle bisherigen Handy-Sensoren, also schon ein ausgewachsener Sensor, der sogar größer ist als von Digicams verwendete und  kaum kleiner als der Nikon 1 Zoll-Sensor.

Qualität gibt es nicht ohne ein entsprechend effektives Objektiv – das weiß auch Nokia und deshalb steht stolz auf dem Handy “Carl Zeiss 2,4/8 mm”. Durch die hohe Auflösung wird sogar ein 2,8x Zoombereich möglich (bei 5MP effektiver Auflösung) – das Zeiss Objektiv selbst ist eine Festbrennweite! Im Nokia 808 sind Bildausschnitte von 28-80 mm Brennweite möglich ohne bewegliche Teile und aufwendige Zoom-Linsen, ohne Zeitverlust und geräuschlos!

Im Format 4:3 werden 38 MP und im Format 16:9 noch 34 MP genutzt. Zum Filmen steht sogar ein 4x Zoom zur Verfügung. Die Lichtstärke f:2,4 klingt zunächst gut, erlaubt aber aufgrund der Sensorgröße und der Brennweite 8 mm keinerlei Spiel mit der Schärfentiefe.

Das hat nichts mehr mit Fotografie zu tun – aber die Menschen bekommen was sie wollen, Bildausschnitte auf Knopfdruck. Die allermeisten Menschen möchten ja Dinge und Personen nah heran holen oder anders herum viel Raum zeigen.
Sie interessiert keine Schärfentiefe, keine Perspektive, kein Licht, kein Schatten, keine Farben, keine Schärfe, kein Hintergrund, keine Brillanz und kein technisches Erleben und umsetzen. Sie wollen einfach nur groß im Bild haben, was sie sehen.
Ähnlich wie unsere Augen, die uns ein großes Sichtfeld zeigen – aus dem unser Hirn das für uns wichtige heraus stellt und betont.
Wenn Sie sich das deutlich vor Augen führen, was unsere Augen tatsächlich liefern und was unser Gehirn damit macht – dann wird sehr deutlich, daß Fotografie mit Systemkameras und Wechselobjektiven – mit dem ganzen Aufwand, den wir treiben – eine hohe Kunstform ist. Wir treffen für die Aufnahme eines Motives oder der Welt, hunderte bewusste Entscheidungen, wählen aus, selektieren und gestalten und erhalten ein Foto, das im Idealfall unserer Vorstellung entspricht.

Nokia, Sony und Co werden schon bald die Hintergründe unscharf rechnen, die Perspektiven anpassen und Fotos simulieren – wie wir sie sonst nur mechanisch und optisch erreichen konnten.

Schöne neue Welt?

Nokia zelebriert hier einen großen Sprung und bläst alle anderen Handys und die Digicams auf Seite. Mal sehen wann Nikon das auch anbietet…

Pixel-Auflösung kann wie alles auf der Welt für den einen ein Fluch und den anderen ein Segen sein.
Wer nur etwas festhalten will, für den ist Nokia auf dem besten Weg und bringt bessere Ergebnisse auch bei höhere Empfindlichkeit. Wer kreativ fotografieren will, wird auch heute noch mit Handys und Digicams nicht so viel anfangen können.
Hohe Auflösung und die Möglichkeit Ausschnitte frei zu bestimmen, ohne die Bildqualität zu kastrieren sind sehr vorteilhaft. Wieviel Mehr an Auflösung sinnvoll ist, hängt davon ab wie gut das Objektiv und die Lichtverhältnisse bei der Aufnahme sind und ob die Aufnahme verwacklungsfrei und pixelscharf gelingt.

 

Veröffentlicht in General, Kameras im Test