Tresor  
Filo Rings

16. Februar 2013
Canon EF 4,0/24-70 mm Macro – entpuppt – Canon-Vergleich: lichtstarkes Standard-Zoom

Lichtstarkes Standard-Zoom

Alle begehren ein 2,8/24-70 mm – alle außer mir. Für mich ist das nur eine Notlösung. F:2,8 ist zwar für Porträts- Reportage- und Hochzeiten angenehm und immer noch wichtig aber f:4,0 würde bei den neuesten Canon-Kameras bei ISO-Empfindlichkeiten bis 100.000 und mehr oft ausreichen und unschärfere Hintergründe lassen sich auch in der Nachbearbeitung schon erreichen. Und wenn ich eine geringe Schärfentiefe brauche, setze ich ihnehin ein 1,2/85 mm , mit seinem ganz eigenen Zauber ein. Doch die Vollformat-Verliebten sind nicht zu begehren – ein 2,8/24-70 mm ist das Wunschziel. Objektive die bei 28 mm Brennweite beginnen, sind heute kaum noch gefragt und lassen sich allenfalls noch als Kit-Objektiv verkaufen, denn schon die Kompakt-Kameras und Superzoom-Kameras bieten heute fast alle 24 mm oder gar 20 mm als Ausgangsbrennweite. Als ein Profi ist nur, wer ein 2,8/24-70 mm in seiner Fototasche hat. Doch Canon wollte endlich auch einmal wieder eine kompaktere Alternative bieten – das 4,0/24-70 mm L IS klingt vernünftig und hat den geliebten Bildstabilisator.

Ein Preis von 1450€ für ein 4,0/24-70 mm erschien mir aber gleich verdächtig. Teurer als ein 4,0/24-105 mm und beinahe so teuer wie ein 2,8/24-70 mm L II – da fragte ich mich unweigerlich ob Canon vielleicht die 1 aus Versehen davor gefügt hatte, denn 450€ erscheint mir durchaus realistisch für ein 4,0/24-70 mm.
Das 4,0er ist nicht wirklich kompakt (9,3 cm lang) und mit 600g Gewicht auch kein leichtes Objektiv. Warum sollte ich mir das kaufen?
Ach ja – weil ich richtig tolle Fotos ja nur mit Vollformat bekomme und  mit Vollformat-Kameras fotografieren und reisen muss.
Könnte ich tun – eine sehr leistungsfähige Eos 5D3 ist ja vorhanden.
Es gibt jedoch jetzt ein Panasonic 2,8/12-35 mm (2,8/24-70 mm) mit halbierten Gewicht – bei doppelter Lichtstärke –  2 cm kürzer und mit sehr gutem Abbildungsmaßstab bis 1: 2,9  (bezogen auf Vollformat).
Und im Test zeigte sich, Panasonic schafft die Auflösung locker auch und übertrumpft sie sogar – wenn man mal von 16 MP Sensorauflösung ausgeht.
Mit dem 12-35 mm am mFT Sensor gewinne ich außerdem eine Blende Licht und gewinne eine deutlich vergrößerte Schärfentiefe – die aber immer noch gering genug ist um Porträts aus der nähe wunderbar frei zu stellen.

Der Image Stabilizer (IS) ist mit 4 Stufen bei unserem Test auch tatsächlich effektiv. Wir konnten bei 70mm frei aus der Hand mit 1/4 Sekunde noch scharfe Aufnahmen erzielen, während das ohne IS nur bei rund 1/60 Sek. gelang. Im Makromodus ist der IS allerdings weniger effektiv, einen Statilisierungsvorteil kann man hier dank Hybrid-Technologie aber noch immer erzielen (etwa 1 – 1,5 Stufen).
Der Lieferumfang ist typisch für ein L-Objektiv incl. Transportbeutel und Streulichtblende ausgeführt. Ein Staub- und Spritzwasserschutz wird durch eine Gummimanschette am Bajonet-Anschluss realisiert.
Das Objektiv bietet – wie alle Canon-Standardzooms – zwar eine Innenfokussierung (gut für Polfilter) aber leider keinen Innenzoom. D.h. die Baulänge vergrößert sich, wenn man zoomt bzw. in den Makromodus wechselt. In Zwischenzoomstufen hält der Tubus erfreulicherweise ohne zu verrutschen, wenn man gegen den Zenit oder in den Bodenbereich schwenkt. Das ist auch am Canon 24-70mm/2,8L USM II der Fall, bei den anderen L-Standardzooms kann der Tubus jedoch in Zwischenzoomstufen verrutschen und die Position verlieren.

Macro?
Die Macro-Funktion des Canon bis 1:1,4 klingt sehr vielversprechend, doch ist sie aus den 80iger Jahren geklaut  und nur durch Drehen und Schieben etwas fummelig zu erreichen. Der Brennweitenring muss zuerst über 70 mm hinaus gedreht werden und gleichzeitig den Macro-Schieber in Position schieben. Erst dann wird der Macro-Modus benutzbar. Also erst den Nippel durch die Lasche ziehen…

Und dann ist die Abbildungsleistung enttäuschend – einen Vergleich mit Macro-Objektiven kann es auch abgeblendet nicht standhalten. Genau gesagt
Die Scharfstellung funktioniert dann von rund 2 cm bis etwa 4 m (Frontlinse-Motiv). Bei nur 2 cm Distanz ist 1:1,4 nutzbar und das spezielle Macro-Objektive wäre überflüssig. Doch außer der extrem geringen Arbeits-Distanz (führt meistens zu Abschattungen und verscheucht viele Motive) ist auch die Abbildungsleistung mit dem 2,8/100 mm L IS Macro oder dem preiswerteren 2,8/100 mm Macro nicht zu vergleichen. Sie kommen nah ran – aber hochauflösende und kontrastreiche Fotos sind kaum möglich.

 

Auflösung
Wer rund 1.400 Euro hinblättern soll, erwartet natürlich eine hohe Abbildungsleistung selbst an Vollformatsensoren bis in den Randbereich. Leider erfüllt das Canon 24-70mm/4,0L IS USM diese Erwartung nicht in vollem Umfang. Es bietet zwar schon bei Offenblende eine praxistaugliche Auflösung, steigert sich aber abgeblendet vor allem in der Startbrennweite nicht mehr, sondern fällt sogar in der Auflösung ab. Ein Canon 24-70/2,8 (I oder II) bietet eine noch höhere Auflösung und vor allem im Randbereich noch mehr Schärfe, sogar schon bei der noch lichtstärkeren Offenblende. Denen fehlt allerdings der Bildstabilisator. Auch das Canon 24-105/4,0L IS USM ist insgesamt noch einen kleinen Tick schärfer, bietet mehr Brennweite, dafür ist der Bildstabilisator eine Stufe weniger effektiv (nur 3 statt 4 Stufen).

Standard-Objektiv-Alternativen & Fazit
Am APS-C – Halbformat-Sensor:

Ich sehe immer wieder Canon-Fotografen mit Eos 7D; 60D oder gar 650D Kameras die ein 4,0/17-40 mm oder 4,0/24-105 mm nutzen und auf eine Vollformatkamera sparen. Damit geht der echte weite Bildwinkel eines 24 mm verloren – selbst mit dem 16-35 mm wäre nur eine vergleichbare Wirkung eines 26 mm Objektives erreichbar.
Die Taktik ist immer wieder – Halbformat ist ja nichts Gutes, wir warten auf bezahlbare Vollformat. Das ist natürlich Quatsch – zumal es Vollformat in diesem Sinne ja nicht gibt – das wäre ja dann 18×24 cm Planfilm oder noch mehr.Gemeint ist Kleinbildformat – weil die Fotografen hoffen, dass sie dann endlich fantastische Fotos bekommen. Fantastische Fotos sind aber inzwischen auch mit dem Handy möglich – also die technische Bildqualität wird nicht mehr von der Sensor-Größe bestimmt – das Thema ist endgültig vom Tisch. Eine Auflösung von 18 MP bringt an der APS-C Kamera 7D keine schlechteren Fotos als an der Eos 6D mit 22 MP. Lediglich bei wenig Licht kann das Bildrauschen früher störend auffallen – doch wie oft fotografieren wir bei über 1600 ISO?
Wenn Sie eine EOS-Kamera mit Halbformatsensor richtig einsetzen wollen – brauchen Sie das sehr gute 3,5-5,6/15-85 mm USM IS (24-136 mm vergleichbar). Die 4,0-5,6/17-85 mm USM IS und 3,5-5,6/18-135 mm IS zeichnen sichtbar kontrastärmer und weniger scharf. Jedes andere Vollformatobjektiv, wie 16-35 mm; 17-40 mm; 20-35 mm; 24-70 mm; 24-85 mm; 24-105 mm etc. wäre ebenfalls dem 15-85 mm an Halbformatkameras sichtbar unterlegen. Das 2,8/17-55 mm kann mechanisch auf Dauer nicht jeden überzeugen, optisch ist es ab f:4,0 durchweg sehr gut.

Am Vollformat-KB-Sensor:
Die Abbildungsleistung und mechanische Qualität des neuen 4,0/24-70 mm L IS USM ist etwa auf einer Höhe mit dem 15-85 mm IS USM. Optisch wäre mehr drin gewesen, immerhin sind Farbsäume, Vignettierungen und Verzeichnungen nur gering ausgeprägt. Aber die Auflösung hätte bei dem Kaufpreis doch höher sein dürfen. In der Alltagspraxis sind aber kaum Einbussen wahrnehmbar, selbst wenn bei 100%-Ansicht kritisch prüft. Der Makromodus ist verlockend, bietet aber wie beschrieben mehr Nachteile als Vorteile. Immerhin ist die Option klasse, wenngleich er ein echtes Makro vor allem auch bei Lebendmotive wegen der geringen Nahdistanz oft nicht zu ersetzen vermag. Die Frage, ob man sich für rund 900 Euro ein Canon 24-105mm/4,0 oder das 24-70/4,0 zulegen sollte ist nicht ganz einfach zu beantworten. Das Canon 24-70/4,0 ist etwas leichter (600gr statt 670gr), etwas kürzer gebaut, hat eine Stufe mehr beim IS und hält auch ausserhorinzontale Zwischenzoomstufen. Dazu kommt noch der spezielle Makromodus. Das 24-105mm/4,0 hat dafür etwas mehr Brennweite, ist optisch noch einen Tick höher auflösend und ist günstiger. Und zum günstigeren Preis gibt es für unter 1000€ das sehr gute, bildstabilisierte Tamron 2,8/24-70 mm VC. Sein Abbildungsmaßstab beträgt 1:5, es ist 825g schwer und rund 11 cm lang – diese Daten sind absolut vergleichbar mit denen des neuen Canon 2,8/24-70 mm L II ohne IS-Bildstabilisator. Das Tamron ist sichtbar etwas schwächer in der Bildqualität als das doppelt so teure Canon 2,8er aber durchaus etwas schärfer und kontrastreicher als 4,0/24-105 mm und 4,0/24-70 mm.

Wem der Bildstabilisator und Makromodus nicht wichtig ist und auch 200gr an Mehrgewicht noch verkraften kann, ist bei einem 2,8/24-70 mm Tamron oder gar 2,8/24-70 mm L II Canon besser beraten. Ein so teures 4,0/24-70 mm braucht der Fotomarkt letztlich nicht. Es hätte zumindest eine spannendere Brennweite haben müssen – 4,0/20-80 mm oder 4,0/24-100 mm. Selbst Nikon hat wenigstens ein 24-85 mm. Auch als besonders kompakte, besonders scharfe oder besonders preiswerte Alternative kann es den Markt nicht bereichern. Der Oldie 3,5-4,5/24-85 mm USM war früher eher wenig befriedigend – dank eigenem DPP Profil kann das alte Zoom aber inzwischen wieder ganz gut genutzt werden – nur an die Abbildungsschärfe des 4,0/24-70 mm L IS reicht es nicht heran.
Canon hat nur endlich eine Schwäche im Weitwinkelbereich ausgemerzt – denn Nikon und zuletzt auch Sony waren mit ihren 2,8/24-70 mm und 2,8-4,0/24-85 mm immer optisch im Vorteil.

Jetzt fehlt, dass Canon seine Schwächen beim 2,8/16-35 mm und beim 4,0/17-40 mm beseitigt. Ich würde eine Konstruktion 4,0/14-28 mm L USM oder gar 4,0/14-36 mm bevorzugen. Die Notwendigkeit für f:2,8 sehe ich im Superweitwinkelbereich nicht mehr und die Konstruktion des Nikon 2,8/14-24 mm ist mir viel zu groß und zu unhandlich (970g – 13 cm lang und die Frontlinse ist sehr empfindlich für Staub, Tropfen, Fingerabdrücke und Beschädigungen. Es ist 10cm dick – so etwas will ich nicht in meiner Fototasche haben.
Ich fürchte aber Canon wird dem nacheifern – sie lassen sich aber schon lange Zeit damit.

Wer viel Lichtstärke braucht kommt am Canon 2,8/24-70 mm oder Tamron 2,8/24-70 mm VC nicht vorbei.
Wer auf den Preis schaut findet im 3,5-4,5/24-85 mm auf dem Gebrauchtmarkt für rund 200€ die preiswerteste Alternative. Um 700€ werden dann schon 4,0/24-105 mm Zooms gehandelt und auch das Sigma 2,8/24-70 mm ohne Bildstabilisator ist eine mechanisch und optisch sehr gute Alternative. Letztlich sehe ich keine Notwendigkeit und keinen Vorteil für das neue 4,0/24-70 mm L IS – der Preis von 1400€ macht es überflüssig – allenfalls für 700€ könnte es reizvoll sein.

Canon Objektiv Profile für die Eos-Kameras:
Für folgende Objektive sind Profile in die Eos 5D3; 6D und Eos 1Dx in der Kamera verfügbar:

Zusätzlich werden in der DPP-Software von Canon viele weitere Profile angeboten:

Wann bevorzuge und brauche ich welches Standard-Zoom?

Für die Hochzeit und Presse-Termine:
Canon Eos 5D3 und Tamron 2,8/24-70 mm VC

Für Reisen und Städte-Ausflüge:
Panasonic GH3 mit Lumix 2,8/24-70 mm OIS  (oder Olympus OM-D)

Für Qualitätsfans:
Canon Eos 5D3 mit Canon 2,8/24-70 mm L II USM (oder Nikon D800 mit 2,8/24-70 mm
oder Sony Alpha 99 mit Zeiss 2,8/24-70 mm)

Kompakt und immer dabei:
Panasonic LX7 (1,4-2,3/24-90 mm OIS) oder Sony RX100 (1,8-4,9/28-100 mm)
oder Olympus XZ-2 (1,8-2,5/28-112 mm)

Die Kamera mit allen Möglichkeiten für moderne Reisefotografie und Pressefotografie sieht heute so aus:

Panasonic GH3 mit 2,8/12-35 mm OIS


Veröffentlicht in General, Objektive im Test