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Filo Rings

12. Dezember 2013
Kameras für junge Foto-Interessierte

Vollformatspiegelreflex erobert sich einen guten Marktanteil, kompakte Digicam-Käufe sind durch die Fotomöglichkeiten mit dem Smart-Phone um die Hälfte zurück gegangen. Plötzlich steht man aus dem Bett auf und es ist alles anders.

Gestern Abend kam eine 18jährige zu mir und sagte, „Papa ich hab in einem Buch gelesen, es gibt so viele tolle Sachen, die man fotografisch machen kann, aber dazu brauche ich eine Canon Spiegelreflex.“ (das Buch ist: Photocrafty von Sue Venables – der Geheimtipp, für alle die Denken, dass sie schon fotografisch alles gemacht haben!).
Sogleich zauberte ich einige Kameras hervor, versuchte ihr eine Canon EOS M schmackhaft zu machen, no way! Dann holte ich die tolle Panasonic GX1 mit 14-140 mm Zoom – nö! Und dann sogar die Olympus E-M1 – die imponierte dann schon mehr, aber zu teuer. Ich versuchte zu überzeugen, dass DSLR aussterbende Dinos sind, aber „Papa ich will doch gar keine kleine Kamera, ich will richtig was in der Hand haben, die muss nicht kompakt sein“. „Außerdem wirken Digicams im Vergleich billig und klein ist gleich schlecht, deshalb will ich eine große Kamera, Papa.“  „Außerdem hast du so viele tolle Objektive, die kann ich dann auch alle benutzen!“ Dann hört man als Vater den Hamster bonnern…

OK, weil klein ist ja das Smart-Phone und das ist immer dabei – das leuchtet ein.
Vielleicht ist es auch, weil die Jugend sich von ihren Oldies absetzen will. Ich sehe auch immer junge Männer vor den Schaufenstern mit gebrauchten Fotokameras stehen, sich die Nase platt drücken, die wollen eine alte Nikon F3, Canon AE1, Contax RTS, Leica R5 oder die preiswerteren Fotokameras zum Film einlegen – für die ist wieder die 1,4/50iger Festbrennweite der fotografische Nabel der Welt. Das ist dann echtes RETRO, mit echten Kameras, sattes Metall, Mechanik, Drehräder, richtige Verschlußgeräusche.

Und es gibt die erfolgreichen Männer, die jetzt 20 Jahre nicht zum richtigen fotografieren gekommen sind, die die letzten Jahrzehnte mit Digi-Knipsen die Familie und den Urlaub geknipst haben und jetzt eine satte Nikon, Canon, Sony Vollformat wollen – und mit Halbformat geben sie sich erst gar nicht ab – APS-C klingt für sie nach einer grausamen Verstümmelung. Das muss die Fotoindustrie erst einmal verkraften und umsetzen.

Fotografisch, also für das Endprodukt machen diese ganzen Wünsche nicht unbedingt Sinn, es sei denn jemand entdeckt wirklich die Liebe zur Fotografie und beschäftigt sich aufgrund der neuen, oder Retro-Kamera intensiv damit – dann und nur dann wird er wohl auch bessere Fotos bekommen.
Tatsächlich ist aber die Bildqualität die heute mit microFourThirds und APS-C-Kameras möglich ist schon deutlich über dem Niveau was in früheren Jahren Kleinbild-Kameras liefern konnten. Und Die Vollformat-Boliden sind letztlich optisch weit in die Domäne des Mittelformats eingedrungen, ohne allerdings deren große Sucher, Zentral-Verschlüsse und tollen Objektive zur Verfügung zu haben. Und auch der große Rollfilm oder die heutigen übergroßen Sensoren bescheren Mittelformat weiterhin einen Vorsprung, der sichtbar bleibt und ein anderes Arbeiten, dass zu besseren Fotos führen kann.

 

Welche digitale Spiegelreflex eignet sich denn besonders gut für ANFÄNGER?

Nur noch Canon, Nikon, Sony und Pentax stellen Kameras unter 1000€ nach dem Spiegelreflex-Prinzip her.

Sony mag ich wegen der Objektive nicht – allenfalls die leichte Alpha SLT 58 (400€ mit 5,6/18-55 mm) oder die ambitionierte Alpha 77 (770€ Gehäuse – 1200€ mit 2,8/16-50 mm oder 900€ mit 5,6/18-55 mm) können hier noch überzeugen. Ältere Sony-Kameras würde ich da gar nicht mehr empfehlen. Das beste was Sony je für den Fotomarkt konstruiert hat ist die Alpha 99 zum Preis von 2400€.

Pentax-Ricoh berauscht mich auch nicht mehr durch seine Objektive, klein und lichtschwach ist nicht meine Welt. Ein K30 gibt es als Auslaufmodell für 500€, den Nachfolger K50 für 600€ jeweils mit 5,6/18-55 mm WR Objektiv. Einige ältere K5er sind auch noch für rund 600 Euro mit Objektiv zu bekommen, die Nachfolger K5II kosten dann schon 870€ mit gleichem Objektiv. Die neue Pentax Ricoh K3 wird als Hochleistungsmaschine für 1300€ ohne Objektiv oder 1650€ mit 5,6/18-135 mm angeboten. So lange nicht einige sehr gute Pentax oder Sony/Minolta Objektive herum liegen würde ich keinen Start mit den beiden Marken mehr machen.

Und selbst Nikon sehe ich eher kritisch, da kommt alle paar Monate eine neue 3000er oder 5000er Kamera mit immer neuen Problemchen und Unzulänglichkeiten. Letztlich waren die D90, D7000 und jetzt vor allem die D7100 aber immer die lohnendsten und besten Nikon-Käufe. Die Technik-Märkte haben inzwischen so viele Nikon-Kameras auf Halde liegen und werden sie kaum noch los, es blickt auch kaum noch jemand durch worin sich die ganzen 3 und 5000er unterscheiden, wenn überhaupt fotografisch wesentlich. Die 24 MP-Sensoren ab der 5200 sind guten Fotos nicht unbedingt zuträglich und schlucken viel Speicherplatz und verlangsamen die Rechner sehr, vor allem bei RAW-Anwendung. 16MP waren genug, bei Nikon weiß irgendwie selber niemand wo sie hinwollen und sie sind abhängig vom Sensorhersteller Sony. Ich würde eher eine D90 oder D7000 für rund 650€ empfehlen als die neueren, kleineren Kameras. Die D7100 kostet immerhin noch 900€ oder 1050€ mit 5,6/18-55 mm.

Seit Jahren empfehle ich aus guten Gründen ANFÄNGERN immer bevorzugt Canon-Kameras. Die Technik ist ausgereift und günstig, es gibt den bei weitem größten Objektiv-Gebrauchtmarkt und alles passt.

Die aktuelle EOS 700D kostet mit 5,6/18-55 mm STM 620€ und mit diesem STM-Objektiv ist das bei weitem das optisch beste und günstigste Angebot aller Kameras unter 1000€. Das neue Objektiv hat optisch und mechanisch keine Konkurrenz, daher lohnt es sich auch kaum 100-150€ zu sparen und eine der älteren Canon EOS 600D; 650D; 1100D oder auch die aktuelle 100D zu kaufen – denn sie haben alle das ältere 18-55 mm ohne STM, das deutlich schwächer ist.

 

Bei den ganzen 5,6/18-55 mm Objektiven wird ja immer erst die Sucht nach mehr Objektiven geweckt. Dann ist eine Tele-Zoom und ein 1,8/50 mm nicht mehr fern, danach kommen dann Superweitwinkel, Macro, Telefestbrennweite etc.

Deshalb ist ein DSLR-Kit mit 18-55 mm immer nur als Einstiegsdroge zu sehen. Wenn einem das nicht reicht und man nicht über Geld verfügt, wird man die Lust an DSLR sehr schnell wieder verlieren, sonst braucht man noch etliche 100€ für weitere Objektive, die ja die DSLR erst wirklich wichtig und interessant machen.


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