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24. Oktober 2020
Leica Q2 – 2020 – Ist unsere Welt so grau, mit ein bisschen schwarz und weiss?

Zur Vorweihnachtszeit einmal etwas ganz anderes – Leica!
Als ich heute in den Werks-Leica-Shop in Wetzlar stolperte und mich zur Q2 vortastete (Brille beschlagen) nahm mit ein jüngerer Berater gleich meine R5 ab und spielte damit herum, der fand die gut griffig und klasse Bedienung. Na dem habe ich einen eingeschenkt – dem klingen jetzt noch die Ohren.
Dann bekam ich das Wunderding Q2 mit. Die Anfrage eines lieben Lesers, der sich eine tolle Kamera leisten will, inspirierte mich dazu, mich mit dieser “Kompaktkamera” von Leica näher zu beschäftigen.
Die Kamera wird 4865€ Kosten  – Vorführmodell gibt es für rund 4600€ – 5% ist mein Name noch wert – zum heulen. Nein im Ernst, früher habe ich 35% und auf einiges sogar 45% bei Leica bekommen und auch rasch eine M6 mit Summiluxen gekauft. Heute sind die geizig, da würden Schwaben und Schotten noch gerne zur Schule gehen!
Ich finde Leica-Kameras inzwischen seit Jahrzehnten nicht nur überflüssig, scheußlich und unsinnig – ich bin eben auch gar kein Lokalpatriot, sondern Weltbürger – wenn Deutsche in Japan bei Panasonic Technik kaufen, die in China gefertigt wird und aus Portugal Gehäuse herstellen lassen, die dann hier in eine “deutsche” Kamera verwandelt werden – dann gibt es da auch rein gar keinen Grund um National-Stolz aufkommen zu lassen. Bei den Objektiven liegt das anders, da ist schon noch deutsches Glas und deutsche Ingenieurs-Master-Class gefragt.
Verärgert hat mich auch, dass hier keine Sonnenblende integriert wurde – das geht einfach nicht. Es kommt noch schlimmer – mir wurde gar keine Sonnenblende mit gegeben – witzig.

Die Q2 ist, wie viele Leica Kameras vor ihr, ein klassischer Bauchwackler. Sie will gezeigt werden.
Ich beurteile die Griffigkeit als schlecht, die Haptik der Bedienelemente für mich weitestgehend ungeeignet, den Sucher falsch platziert

Ich also los und ich lasse mich ja von dem schwarzen Bauvorsatz mit rotem Punkt und 1.7/28 mm Demi-Summilux nicht blenden. Es muß liefern. Die perfekte Kompaktkamera mit 47 MP und hohem Wetter und Regenschutz steht zur Verfügung und man kann zusätzlich 35 – 50 – 75 mm Ausschnitte bei reduzierter Auflösung wählen – also fast ein 3fach-Zoom. Nur seltsam das gegen Wind und Regen keine Sonnenblende mitgegeben wird.

Es ist alles so „schön“ grau da bei Leica, außer dem roten Punkt scheint Leica wirklich kaum Farben zu kennen. Das grüngelb des Schilfs sticht sehr in der grauen Einöde heraus – aber sonst mehr Tristesse als farbenfrohe Welt! Verstehe einer diese Firma Leica… die haben sich durch zahlreiche Höhen und Tiefen gedreht, jetzt habe sie seit einigen Jahren mal wieder ein Hoch, inspiriert durch Firmen wie Apple, liefern sie High-Tech mit Show. Für mich stellt sich das so dar. 1992 habe ich da meine Leica M6 gekauft – die besondere Kamera für alle die anders fotografieren wollen. Im Handel war klar, dass sie spätestens seit den 80ern Kameras für Zahnärzte und Jouristen herstellten. Den normalen Fotografen und Bildjournalisten mit dem kleinen Honorar können sie schon seit Jahrzehnten nicht mehr bedienen und doch sollten sie genau das tun. Früher als neue Kameras alle 8 Jahre vorgestellt wurden, war das vielleicht noch eine „Investition“ doch dann kamen AF, CPUs, Bildsensoren und Prozessoren und selbst die legendären Objektive mussten immer schneller angepasst werden und verloren plötzlich sebst in der Summilux-Klasse rapide an Wert. Und deshalb sind es heute vorwiegend Lifestyle-Produkte für gelangweilte Leute mit schnellem Geld im Überfluss. Die haben sich dramatisch multipliziert und daher brummt der Laden Leica trotz unseriös hoher Preise. Für tolle Fotos oder den besonderen Look braucht heute niemand mehr Leica und selbst die Bedienung hat Fujifilm ganz gut imitiert.
Ein Präzisionswerkzeug kann auch mit große Freude bereiten, dennoch darf mich daran nicht viel ärgern. Bei der Fuji X100 Reihe ärgert mich zu viel, die Sony RX1 ist zu alt und die Leica ist nicht wirklich kompakt.
Und der Kompromiss mit f:1.7 anstatt f:1.4 ist schon bedeutsam. Da wollen mir die Berater weiß machen, dass ja ihr Summilux 1.4/28 mm 6150€ kostet und hier bekomme ich zu einem Summilux fast die Kamera geschenkt dazu für nur 5000€.
Ein Fingerschlaufe mit Griff (100€) und jede Menge Lederkram wird aber teuer angeboten.
Im Grunde sieht sie aus wie eine verkleinerte M ohne Messsucher mit elektronischem Sucher, festem Objektiv und “Macro”-Möglichkeit. Leica sollte wieder dahin zurück, daß Berufsfotografen zumindest einen Rabatt von 40% bekommen, denn so sie die Kameras und Objektive viel zu kostspielig. Leica steht auf dem Standpunkt: besser etwas weniger Brennweite, und dann die Füße verwenden, deshalb hier 28 mm anstatt 35 mm und bei den M-Leica-Objektiven werden die 75 mm jetzt angepriesen statt 90 mm. Mir gefällt es gar nicht, das Argument zählt auch nicht – weil 28 mm wie 75 mm in der Nähe zum Motiv deutlich stärker verzeichnen bzw. eine geänderte Perspektive zeigen.

LEICA – Ist unsere Welt so grau, mit ein bisschen schwarz und weiss?

Leica Q2 1,7/28 mm Summilux bei 75 mm Bildausschnitt – vollständig geöffnete Blende!

Unsere Fahrzeuge und das Werksgelände von Leica-Wetzlar sind es jedenfalls:

Leica Q2 1,7/28 mm Gummilux bei 35 mm Bildausschnitt – vollständig geöffnete Blende!

Leica im Zerrspiegel – der Vernunft?

Leica Q2 1,7/28 mm Gummilux bei 35 mm Bildausschnitt – vollständig geöffnete Blende!

Canon EOS R6 & Canon R 7.1/24-105 mm bei 27 mm

Schade: Selbst Leica traut sich nicht an ein richtig tiefes, plastisches Sepia heran!
Der Sucher ist so weit sehr gut, nur eben links für mich komplett falsch angeordnet. Mir viel auf, das rechts ein rötlicher Blendstreifen auftauchte, leider konnte ich nicht sicherstellen wodurch der verursacht wurde, vielleicht durch das AF-Licht? Doch Einblick, Schärfe und Kontrast taugen gut zum fotografieren. Was ich gar nicht leiden kann, wenn mich ein Hersteller zu etwas zwingt, so wie hier Leica – ich soll gefälligst RAW verwenden um tolle Fotos zu bekommen. Das ist lächerlich und seit mehr als 10 Jahren überholt und ich teile diese Ansicht heute noch weniger als vor 5 Jahren.
Eine Kamera muß weitgehend fertige Bilder liefern – das kann Leica in keiner Kamera. Und dann sind sie noch so frech und bieten nicht einmal eine RAW Bearbeitung in der Kamera an und schon gar keine Umwandlung in schöne, farbige JPEGS. Wer es gewohnt ist mit RAW und Lichträumen herum zu prickeln, wird sich hier besonders freuen – für mich sind die JPEGs eher peinlich, da nützt das beste Objektiv nicht viel. Hier gilt: RAW oder gar nicht! Das Umschalten vom AF in manuelle Fokussierung ist nur durch einen extrem kleinen, fummeligen Schalter am Objektiv möglich – da hört der Spaß wirklich auf.

 

LICHT:

+ sehr leise, auch mechanische Auslösung
+ Regendicht
+ Blendenring vorne, super Feeling
+ Bildstabilisator
+ schneller 3,7 MP Sucher
+ 20 B/ sec bis 1/40.000 Sec elektronisch
+ mechanisch wunderbar versenkte Dioptrienschraube
+ schöne Leica-Zahlen
+ elektronische Auslösung bei 1/40.000
+ zuverlässige Technik von Panasonic
+ sehr gute BQ mit RAW-Dateien und Entwicklung am PC
+ Abbildungsmaßstab im Nahmodus: 1:4.1
+ größerer Akku mit mehr Kapazität
+ Speicherkartenfach und Akkufach gut abgedichtet

 

SCHATTEN:

– fester Monitor
– 
28 mm Objektiv für mich falsche Brennweite
– 35-75 mm Ausschnitt – keine 90 mm
– AF-MF Umschaltung sehr fummelig
– AF bei Nachführung eher unsicher und langsam
– unschönes Menü
– nur 3 – 5 – 10 Bilder/sec
– nur +/- 3 Belichtungsstufen einstellbar
– alberne Bedienung über Wischgesten
– Nur 2 programmierbare Tasten
– Keine Serieneinstellung mehr am Hauptschalter
– Kein echter mechanischer, manueller Fokus
– Scheußliche Rückseite und langwierige Bedienung
– Hohes Gewicht
– Kein echtes f:1.4 Summilux
– Farb-arme JPEGs
– keine RAW-Bearbeitung in der Kamera = höchst inkonsequent
– kein Gewinn bei 50 ISO – 25 und 12 ISO nicht realisiert
– Kein schönes, tiefes Sepia
– Verlangt praktisch nach RAW = veraltet
– Nicht so gut bei hohen Empfindlichkeiten – bis 12.800 brauchbar
– kann das JPEG-Bild nur mit Daten anzeigen…
– kein USB-Anschluß, kein 
Akkuladen oder USB-Betrieb
– kein Micro-Eingang

Von der beschworenen Perfektion sehe ich keine Spur!
Auch wenn das hier jetzt vielleicht so anklingen sollte – ich möchte niemandem die deutsche Leica ausreden, sie hat sicher ihre Berechtigung und es lassen sich zweifelsfrei erstklassige Fotos damit anfertigen. Sie ist aus den genannten Gründen nur keine Kamera für mich – nicht zu dem Preis – bei 2500€ würde ich da vielleicht selbst schwach werden… weil sie so anders ist als alles Andere. Immerhin ist sie auch weitgehend konkurrenzlos, Fuji kocht nur auf halbierter Sensorflamme mit sichtbar schwächerem Glas und Sony müßte die Technik überarbeiten-
Man sieht nur leider deutlich, wie veraltet die erste Q jetzt schon ist und 28 mm wären niemals meine Wahl.
Wir sollten die kostspielige Kamera nie als Investition betrachten, sie wird in 3-4 Jahren hoffnungslos veraltet sein – das muß einem klar sein.
Man muß die Brennweite, die Farben oder den Umgang mit RAW lieben, sonst wird die Kamera kein treuer Freund.

Im Leica Himmel:

Eine James Bond 007 Edition in scheußlichem Grün – das wohl ein britisches Klischee und Jagdfieber bedienen soll… wird anlässlich das mutlosen, 3x verschobenen Abgesang auf den Brutalo-Darsteller D.C. in “No time to die” vermarktet werden – wenn der den je in einem Kino läuft.

Mit der Leica Q2 aufgenommene Fotos:


 

 


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