die weiche Welle und wie sich die Porträt-Fotografie entwickelte…
Heute reden alle über Bokeh und es gibt sogar “Bokeh-Monster” wie das Sony 1.8/135 mm, Nikkor 1.4/105 mm, Canon 1.2/85 mm, Sigma ART 1.4/105 mm, Sigma ART 1.8/135 mm oder auch die Nikkor 2.0/200 mm, Canon 2.0/200 mm (früher 1.8/200 mm).
In der heutigen superscharfen Welt (eingeschärft vom Zeiss OTUS und weiter verschärft von Sigma ART) gibt es zum Glück auch die gegenteilige Mode, weiche, fließende Übergänge, schöne, duftig-luftige Hintergründe.
Da ich schon seit meinen ersten Fotos damit experimentiert habe, hier einmal meine Geschichte zur weichen Welle.
Als ich 1978 begann die Welt abzulichten, waren meine begehrten Motive logischerweise zuerst einmal weibliche Wesen. Homoerotische Gedanken waren noch heftiger Schweinkram, kommerzielle Pornografie wurde gerade erst erfunden und was Kirchen, Sekten, Glaubensgemeinschaften, Staaten, Kriege mit Menschen machten, noch absolut unvorstellbar. Männer als Fotomotiv haben mich so gut wie nie interessiert, aber Frauen aller Art umso mehr.
1979 kaufte mein Vater vom Lottogewinn eine Pentax ME Super plus das 1.4/50 mm. Das Objektiv klingt heute banal, damals war es aber so exotisch und allenfalls mit einem heutigen 0,95/58 mm gleich zu setzen. Alle nutzen Zooms der Lichtstärke f:4.0 oder f:5.6 und einige leisteten sich 1.7/50 mm oder 1.8/50 mm Festbrennweiten.
Der Blendenring klickte schön, doch mich interessierte er im wesentlichen nur, wenn er auf f:1.4 stand und die Fotos gaben mir schnell recht, ich gewann erste Preise und schon bald war kein Mädchen mehr vor mir, der Kamera und meiner Dunkelkammer sicher.
Mich langweilten die 50 mm bald, trotz der Lichtstärke. Man mußte einfach zu dicht heran ans Motiv und damit begann die hässliche Deformierung des Gesichts.
Mein zweites Objektiv, das Pentax 4.0/70-210 mm war toll für Konzerte, aber leider auch lichtschwach und langsam scharf zu stellen. Es mußte ein 85iger her. Ein 2.0/85 mm Pentax war zunächst das einzige, was ich mir leisten konnte. Dann erschien von Pentax ein A* 1.4/85 mm & das legendäre A* 1.8/135 mm und Canon klotzte mit einem FD 1.2/85 mm dagegen.
Lange Zeit waren 2.5/135 mm und 1.8/85 mm die lichtstärksten Porträt-Tele, die man kaufen konnte. Objektive wie 0,95/58 mm waren lange Zeit die lichtstärksten Objektive. Leica hat sich mit seinem M-Bajonett, vom frühen Thambar aus den 30iger Jahren abgesehen, nie sonderlich um Porträt-Fotografie bemüht. Wie auch Macro-Fotografie nur ein Schattendasein bei Leica spielte. 1976 stellte Canon sein erstes 1.2/85 mm FD vor.
Vor dem Autofokus und selbst dann noch, war es extrem schwierig bei offener Blende die Pupille scharf in einem Foto zu bekommen. Manuell war das praktisch immer ein Zufall – denn Fotograf und Modell bewegen sich ja, man kann mit Stativ und Stuhl nachhelfen, aber trotzdem waren perfekt scharfe Fotos mit höchsten Lichtstärken eher Glückssache als Können. Nicht umsonst wurde für Studio-Lichtbilder fast ausschließlich Blende f:8 verwendet. Dann ist fokussierenden großer Schärfentiefe kein Problem.
Wer spielen oder Bilder zusammenfügen und bearbeiten will, soll das gerne tun und kann wie im Buch “Bokeh” auf 300 Seiten (!) beschrieben, da auch zum Ziel kommen. Mit “freelensing” oder gar mit LensBaby Objektiven experimentieren ist eine weitere Spielart. Meine Welt ist das nicht. Und wer eine intime, fast inzestuöse Beziehung zu seinem Geld hat, kann natürlich mit günstigen Bastellösungen trotzdem das ein oder andere schöne Bild schaffen. Mir ist das zu viel improvisiert, mit 20 hätte ich das auch gemacht, weil einfach keine “Pappe” da war, aber schon mit 30 habe ich mir lieber 1.8/85 mm, 1.2/50 mm oder 1.4/85 mm Objektive gekauft.
Auch auf die Seite Bokeh-Masters wird da verwiesen, da hat sich 2015 “Trust your eyes” einige Mühe gemacht und 74 Objektive vor dem gleichen Abendmotiv antreten lassen. 23550 Fotografen haben bisher aus 74 Vergleichsbildern, das für sie gefälligste Bokeh herausgefischt. Insgesamt siegt das mit Abstand teuerste Objektiv, das manuelle 1.4/85 mm Zeiss Otus knapp vor dem fetten Sigma ART 1.4/85 mm. Wenn ich den Vergleichs-Parkur durchlaufe, fällt das Zeiss Otus auf den 40. Platz.
Das wundert hier hoffentlich keinen, weil die rasierklingenscharfe Zeiss-Philosophie bei mir lange nicht auf so viel Gegenliebe trifft, wie das, was Leica, Sony, Nikon, Canon, Pentax, Olympus zaubern. So erstaunt es auch nicht, das bei mir das Canon 1.2/85 mm L II auf Platz eins landet, ein Nikon 1.8/50 mm, Leica 2.0/35 mm Summicron, Leica 0,95/50 mm Noctilux und ein Canon 1.8/85 mm, Nikon 1.4/85 mm, Leica 1.2/45,2 mm und sogar das Sigma ART 1.4/85 mm auf den vorderen Plätzen landen.
So spannend der Vergleich auch ausfällt, viele der besten und auch neuere Objektive sind dort gar nicht vertreten und wären bei mir heute auf den vorderen Plätzen:
Sony 2.8/100 mm STF, Sony 1.8/135 mm GM, Nikon 1.4/105 mm, Canon 2.0/200 mm L IS, Nikon 2.0/200 mm, Sony 1.4/85 mm GM, Sony 1.8/85 mm, Canon 1.4/85 mm, Sigma 1.8/135 mm, Olympus 1.2/45 mm, Fujifilm 2.0/90 mm, Olympus 1.2/25 mm, Olympus 1.2/17 mm – würden jetzt bei mir in ungefähr dieser Reihenfolge auf den vordersten Plätzen landen.
Blitzproblematik
Wer wie ich auch im freien tolle Porträts mit großen Blenderöffnungen realisieren wollte, mußte mit starken Graufiltern und niedrigst empfindlichen Filmen bzw. ISO-Einstellungen fotografieren. Oder auf Minoltas Erfindung der HSS-Blitzfunktion warten. Damit gelang es dann endlich auf kurze Distanzen genügend Aufhell-Licht auch bei f:1.4 bei 1/2000 Sekunde Verschlußzeit zu realisieren.
Mit modernen, spiegelfreien Kameras kommt noch ein weiteres Problem hinzu, wenn man den lautlosen, elektronischen Verschluss verwenden will, funktioniert das technisch nur mit Dauerlicht, ein Aufsteckblitz kann nicht mit elektronischem Verschluss gezündet werden, bzw. führt zu ungleichmäßig ausgeleuchtet Fotos.
Auch hier hatte Minolta schon früh eine Lösung, die heute von Sony mit dem 2.8/100 mm STF Objektiv fortgeführt wird. Diese Apodisations-Objektive (die es auch von Leica, Fuji und neuerdings Canon gibt) ermöglichen das schönste Bokeh und lassen 2 Blenden weniger Licht durch, also f:5.6 und bieten trotzdem eine kernscharfe Abbildung. Damit entfällt meist das Blitzproblem, denn bei Offenblende = Einstellung 2.8, entspricht dies nur der Lichtstärke f:5.6 und damit sind Zeiten von 1/250 Sekunde mit voller Blitzleistung möglich.
Als ein Engländer 1977 mit seinem Buch & Film “Bilitis” einen Welterfolg hatte, wurde der Weichzeichner wieder große Mode. Anders als oft behauptet, verwendete Hamilton aber keine speziellen Filter und auch keine speziellen Objektive, sondern erreichte alle Weichzeichnung durch anhauchen der Frontlinse.
Es gab in der Weichzeichnung alles, Anhauchen, Filter in allen erdenklichen Arten, mit Vaseline einschmieren, verkratzte Filter, Filter mit aufgedampften Topfen (Software),Netzstrumpf vor dem Objektiv oder sogar vor dem Vergrößerungsobjektiv, Siebblenden und natürlich alte, total unterkorrigierte Objektive.
Filter:
B&W in Bad Kreuznach stellt heute Soft-Pro Filter in allen gängigen Größen her, die den Effekt der Zeiss-Softare fortführen.
Werbetext: Der B+W-Weichzeichner Soft-Pro liefert scharfe Bilder, die von Unschärfe sanft überlagert sind. Dieser Effekt wird erreicht durch unregelmäßig verteilte Mikrolinsen auf einer planparallelen Filterscheibe. Die Mikrolinsen werden mittels Dünnschichttechnik auf ein optisch hochwertiges Glassubstrat beschichtet. Sie streuen das Licht und überlagern so das scharfe Kernbild mit duftig-diffusen Lichtsäumen. Das öffnet tiefe Schatten, während Spitzlichter selber kaum verschwimmen, aber im dunkleren Umfeld eine schimmernde Aura bilden. Der B+W-Weichzeichner Soft-Pro wird neben der Portraitfotografie auch gerne effektvoll für Landschaftsaufnahmen eingesetzt. Sie dämpfen hohe Kontraste und weichen die Lichtsäume im Gegenlicht auf. Die Bilder bekommen einen sanften und romantischen Charakter.
Centerfilter (Rodenstock):
Centerfilter sind neutralgraue Vorlauffilter, deren Dichte symmetrisch, zirkular von der Mitte bis zum Rand kontinuierlich abnimmt.
In kritischen Aufnahmen mit gleich hellen Flächen bis zum Bildrand (Himmel) kann bei Verwendung von Objektiven mit extrem großen Bildwinkel der physikalische Lichtabfall (Vignettierung) extrem sichtbar werden. Digitale Aufnahmen können zwar am Computer mit Bildbearbeitungssoftware im Randbereich aufgehellt werden, doch das hilft nur teilweise: Wenn sich dort ohnehin schon dunkle Gegenstände befinden, die unter die Belichtungsgrenze fallen, zeigen diese keine Zeichnung, nachträglich aufgehellt fehlt es an Tiefe – Schwarz wird zu grau – und Bildrauschen wird verstärkt sichtbar. Weil sich jedoch der Helligkeitsabfall mit Centerfiltern deutlich reduzieren, oder sogar beseitigen lässt, sollte bei extremen Weitwinkelobjektiven 23 mm, 28 mm, 32 mm (Großformat!) ein Centerfilter verwendet werden, wenn der Bildkreis bis nahe zum Rand für die Aufnahme genutzt wird.
Die Blende:
Genau genommen kann man auch mit einem 24 mm oder gar einem 14 mm, so wie aus großem Abstand mit einem 800 mm einen Menschen ablichten.
Doch entweder wird der Mensch dann winzig klein oder die Entfernung zu ihm riesig groß. 35 mm, 50 mm, 70 mm und 75 mm zähle ich absichtlich und explizit nicht zu den Porträt-Objektiven. Auch wenn die Vermarktungs-Futzies der heutigen Fotofirmen da eine ganz andere Sprache sprechen. Bei denen sind sogar 24 mm Objektive bestens für Porträts geeignet. Nur ist ein Portrait bisher als Bild mit Kopf und bestenfalls bis zum Bauchnabel in unseren Köpfen verankert. Um Aufnahmen vom Gesicht zu realisieren muß man sich ihm stark nähern und das führt besonders bei 50 mm und noch kürzeren Brennweiten, aber auch bei 58 mm, 60 mm, 70 mm und noch bei 75 mm, zu Verzeichnungen und Deformierungen der Gesichtszüge, die für den Kenner nur grausam verzerrt wirken – lange Nase, fliehendes Kinn und Ohren, breite Stirn, weite Augen etc.
Dagegen hilft nur Abstand vom Motiv, wenn man eine bestimmte Grenze unterscheidet – etwa um 1 m – rückt man dem Menschen nicht nur extrem auf die Pelle, sondern zerstören auch die kürzeren Brennweiten die natürlichen Proportionen eines Gesichts.
Will man die halbe oder ganze Präsenz des Menschen einfangen, sind Objektive von 24 mm bis 60 mm sehr nützlich und wichtig, da man sonst mit der idealen 90 mm Brennweite einen zu großen Abstand zum Motiv einhalten müßte. Voigtländer verbaut immer eine aufwendige Blende mit 10 Lamellen. Sony verwendet im 2.8/100 mm STF, 1.4/85 mm GM, 1.8/135 mm GM und weiteren GM-Objektiven sogar 11 Lamellen.
Je mehr Lamellen, desto besser – schöner wird der Lichter-Hintergrund zerstreut. Allerdings haben Objektive mit einer geraden Anzahl von Blendenlamellen, 8, 10, 12 den Nachteil, das sie weit abgeblendet keine schönen Blendensterne von Lichtquellen mehr zeigen.
Bei der Menschen-Fotografie ist der Abstand von großer Bedeutung. 2,00m bis 1,20m sind oft sehr angenehm, die Fluchtdistanz bleibt gerade noch gewahrt, aber eine Intimität wird zwischen Fotograf und Modell her gestellt. Mit größeren Distanzen verfliegt der Zauber, bei mehreren Metern Abstand müsste man schon laut rufen oder aber man will unentdeckt bleiben. Aber auch in der Menschenfotografie ist die Nähe entscheidend für besonders gute Fotos. Deshalb sind Objektive mit festen Brennweiten von 85 mm bis 105 mm schon immer ideal gewesen.
Wenn Smartphones heute ein Porträt-Tele von 60 mm oder auch 70 mm anbieten, die kann man den Menschen zwar gut in seinem Umfeld ablichten, aber für beeindruckende Gesichtsaufnahmen taugt das wenig.
Um eine besondere Bild-Kunst zu erschaffen wurden hoch und höchstlichtempfindliche Festbrennweiten, längere Tele-Brennweiten mit höchster Lichtstärke, besondere Blenden-Konstruktionen, besondere Linsenkonstruktionen und besondere Abschattungen im Objektiv erdacht.
Zu den besonderen Blenden sollte man wissen:
Allgemein wird gesagt, je mehr Blendenlamellen ein Objektiv hat, desto schöner zeichnet ist, das gilt insbesondere für Porträt-Objektive. Allerdings wirkt sich die Blende nur aus, wenn man auch tatsächlich abblendet. Wenn ich mit einem 1.8/85 mm bei f:1.8 fotografiere, kann es mit schnuppe sein, wie viele Blendenlamellen die Blende besitzt. Selbst bei f:2.0 und f:2.8 spielt das noch eine untergeordnete Rolle, erst stärker abgeblendet sieht man besonders in den Lichtern den entweder kantigen Effekt der Blende oder nahezu kreisrunde Lichter. Meines Wissen hat hier schon das Leica Thambar mit 20 Blendenlamellen die Rekordblende eingeführt, die bis heute in Objektivkonstruktionen nicht erreicht wurde. Lange sprach man bei 9 Blendenlamellen (normal sind 7 – vor allem in Zooms!) schon von deren besonderer Eigenschaft – bis dann 10 und 11 Lamellen modern wurden.
Die besonderen Porträt-Objektive von 85 mm bis 200 mm:
Vorab: Zoom-Objektive werden seit 20 Jahren sehr häufig und gerne für Porträts eingesetzt. Aber sie sind meistens mit einfachen Blendenkonstruktionen bestückt, die oft nur 7 Lamellen und selten 9 Lamellen aufweisen. In einem Zoom sind meistens asphärische Gläser verwendet, die selten bis nie, einer schönen Abbildung zuträglich sind, im Gegenteil. Am beliebtesten sind ohne Zweifel die 2.8/24-70 mm – 4.0/24-105 mm – 2.8/70-200 mm Konstruktionen. Man ist damit sehr beweglich und flexibel und kann trotzdem relativ gut von Hintergründen frei stellen:
Mit dem 2.8/24-70 mm kann rasch der ganzen Körper eingefangen oder auf das Gesicht begrenzt werden. Mit 24-105 mm gelingt die Trennung vom Hintergrund, trotz längerer Brennweite, durch die kleinere Blenderöffnung f:4.0 nicht mehr so deutlich. Aber für die meisten Anwender sind sie ein brauchbarer, bezahlbarer Kompromiss. Wenn man Abstand halten kann sind die 2.8/70-200 mm Tele-Zooms am beliebtesten. Neuerdings gibt es auch ein Sigma 1.8/50-100 mm für Halbformat, dass einem 2.7/75-150 mm (Nikon, Pentax, Sony) oder 2.9/80-160 mm (Canon) entspricht.
Das Canon 1.8/85 mm war mein erstes AF Porträt-Objektiv. Pentax 1.4/85 mm, Pentax 2.2/85 mm Soft, Pentax 2.8/85 mm Soft folgten.
Es gab von Tamron ein 2.8/35-105 mm und sogar ein 2.8/28-105 mm und von Tokina ein ATX 2.8/60-120 mm, mit denen ich gerne fotografiert habe.Dagegen sind heutige Konstruktionen wie Tamron 2.8-4.0/35-150 mm nur ein fauler Kompromiss, denn die kleine Blendenöffnung f:4.0 greift sehr früh.
Wer zoomen will und auf schnellen AF verzichten kann, für den bleibt einstweilen das Sigma 1.8/50-100 mm für Canon und Nikon DSLR Kameras im Halbformat der einzige sehr gute Kompromiss. Alle anderen werden weiter 2.8/70-200 mm verwenden, die jetzt immerhin kompakter und leichter angeboten werden – nur besonders ruhige Hintergründe sollte man davon nur in Ausnahmefällen erwarten.
Welche Objektive gab es früher zum Porträtieren und Weichzeichnen?
Die beliebteste Brennweite ist bis heute das 85 mm, das wurde bis an die Grenzen getrieben und es gab früh 1.7/85 mm und Canon hat seit 1989 ein 1.2/85 mm mit AF.
Für mich beginnt alles mit dem Leica 2.2/90 mm Thambar – damit hat Leica den blinden Fleck oder Zentralblende im Bildzentrum erfunden. Der Vorsatz zum Thambar wird gemeinhin als Zentralblende bezeichnet, weil er die zentralen Strahlen ausblenden soll. Nach meinem bescheidenen Kenntnisstand hat kein anderer Hersteller dieses System für die Weichzeichnung benutzt. Verbreitet waren die Siebblende (Imagon), die Duto-Scheibe mit den konzentrischen Ringen und das Zeiss-Softar mit einer aufgedampften Oberfläche aus Tröpfchen. Und dann gab es noch das Variosoft von Minolta, bei dem die Position der Linsen zueinander verändert wurde. Eine Zentralblende als Zubehör gab es meines Wissens nie zu kaufen, die muss man sich wohl selbst basteln. Oder man hat eben das Teil vom Thambar. Einzeln ist die absolut nicht zu bekommen, es gibt genug unvollständige Thambare, deren Besitzer praktisch keine Aussicht haben, ihr Objektiv zu komplettieren. Von manchen Leitz-Sachen gibt es zwar Replikas, aber da Leitz sehr aufwendig gearbeitet hat, sind diese Replikas in der Regel unverschämt teuer und manche Sachen kann man mit vertretbarem Aufwand gar nicht nachbauen. Denn wenn schon Nachbau, dann muss es aussehen wie das Original. Eine aufsteckbare Siebblende gab es noch, wenn ich mich recht erinnere, sogar verstellbar wie beim Imagon.
Das Astro Portrait 2.3/150 aus der Vorkriegszeit ist zwar kein expliziter Weichzeichner, aber als Portraitobjektiv mit mäßigem Kontrast konzipiert worden. Zusammen mit der großen Öffnung und mit der geringen Schärfentiefe, ergab das schon die Bilder, die in der Vorkriegszeit als “künstlerisch” begehrt waren. Und dann noch unvergütet. Da Astro die Wechselstelle seit den dreissiger Jahren nie geändert hat, gibt es auch einen Adapter für Leicaflex, mit dem R-Adapter geht es also sogar an die EOS. Und an mFT kriegt man ohnehin alles angeschlossen.
Und wenn wir schon bei Weichzeichnern sind: Das Leitz Summarex 1.5/85 und das Hektor 2.5/125 sind bekannt dafür, bei voller Öffnung sehr weich zu zeichnen, bei Abblendung werden sie dann richtig scharf. Das 125er wurde sehr gerne für Portrait benutzt.
Defocus Controll
Als Nikon 1993 sein erstes DC – das 2.0/105 mm mit Autofokus und eingebauter Sonnenblende vorstellte, war das kein Hit. Auch das 2.0/135 mm DC, das 2 Jahre später erschien, war sehr schwer im Sucher zu beurteilen und wurde kein großer Erfolg. Ich habe mit beiden einige Jahre fotografiert, der Effekt des 135 mm war stärker, aber das 105er war viel handlicher und mir deshalb lieber. Wie sehr sich die Schärfe im Vorher- oder Hintergrund veränderte, war praktisch im Sucher nicht deutlich zu erkennen, erst in einer großen Vergrößerung wurde der Effekt richtig sichtbar. Der Clou war, daß man ihn abschalten konnte und dann ein normal kontrastreiches Tele bekam. Gebraucht werden sie immer noch zwischen 700-950€ gehandelt und sind nicht wirklich preiswert.
Heute würde die Arbeit an modernen Z-Kameras durchaus Freude versprechen, wenn nicht der AF so lahm wäre. Ich denke aber, Nikon wird für das neue Z-Bajonett noch ein neues DC oder STF vorstellen.
Nikon führte 1977 mit dem 1.2/58 mm Noct ein Sammlerobjektiv ein, es folgte ein fast langweiliges, langsames 1.4/58 mm. Das erste Objektiv für das Z-Bajonett ist das: S 1.2/58 mm Noct liefert für 9000€. Es ist bei dem Preis auch wieder mehr ein Sammlerobjektiv für die Vitrine als alltagstauglich. Es liefert eine beachtliche Schärfe und schöne Hintergrundtrennung, wenn man sein Modell festbindet und in Ruhe vom Stativ fokussiert, für den Freihandeinsatz ist es mangels Autofokus bei großer Blendenöffnung kaum zu gebrauchen.
Das Canon 1.2/50 mm EF war schon eine sehr gute Wahl, schneller AF und eine weiche, angenehme Zeichnung bei f:1,2 konnten beeindrucken. Die neue Version RF 1.2/50 mm ist sehr kostspielig und zeichnet generell schärfer und ich finde sie weniger ideal für ungeschminkte Gesichter. Canon hat auch seit langem sein 2.8/135 mm Softfokus im Programm, sein AF ist gemütlich und die Brennweite für viele Motive schon zu lang.
Apodisations-Element
Das umgekehrte Prinzip: Apodsitation ist die absichtliche Vignettierung der Randbereiche – die Bildmitte bleibt unverändert und scharf. So etwas gab es schon früh als Filter in der Großformatfotografie um unerwünschte Vignettierungen bei Superweitwinkel-Konstruktionen zu korrigieren.
Minolta hat diese Technik als erster 1999 unter der Bezeichnung STF (Smooth Trans Focus), im Minolta 2.8/135 mm Objektiv, eingeführt. Das Minolta STF kann nur mit manueller Fokussierung verwendet werden und wurde später als Sony 2.8/135 mm STF angeboten. Es ist bis heute erhältlich und kann sogar mit 1,4x oder 2,0x Extender verwendet werden.
Die neuere Version mit Autofokus hat weniger Brennweite: 2.8/100 mm GM STF OSS. Es hat endlich als erster einen wirklich schnellen AF und effektiven Bildstabilisator, kann aber leider nicht mehr mit Tele-Konvertern verwendet werden.
Dann haben Fujifilm mit dem 1.2/56 mm APD und Canon mit dem neuesten 1.2/85 mm DS das Prinzip abgekupfert. Doch im aktuellen Vergleich zeigt sich, das Canon einen Exoten geschaffen hat. Vergleichen wir die Bildergebnisse neuen RF 1.2/85 mm und RF 1.2/85 mm DS im Foto nebeneinander – ziehen die meisten Menschen die Zeichnung des 1.2/85 mm ohne DS vor. Canon hat es hier irgendwo übertrieben.
Ich werde bei Gelegenheit aussagekräftige Vergleichsbilder erstellen, aber schon aus dem was im Netz zu finden ist, wird den meisten Fotografen klar, das die Extrakosten sich hier nicht lohnen.
Auch das Fujifilm 1.2/56 mm APD ist im Autofokus so zögerlich, das damit keine Freude beim schaustellen aufkommen will – auch hier lohnt sich der Aufpreis eher nicht.
Bemerkenswerte Weichzeichner und Bokeh-Zauberer:
– Voigtländer Petzval (1840) f:1:3.6 erlaubte erstmals scharfe Porträts mit Belichtungszeiten unter 1 Sekunde
– Leica Thambar 2.2/9 cm (1935) 2984 Exemplare mit Zentralblende
– Rosenstock Imagon
– Dreamagon 4.0/90 mm
– Zeiss Softar Filter
– Minolta – Canon- Hama – Cokin Filter
– Nikon 1.2/58 mmm Noct (1977)
– Tamron SP 2.8/70-150 mm Soft-Macro
– Olympus OM 2.0/90 mm Macro (die Legende das beste manuelle Macro auf dem Weltmarkt)
– Olympus OM 2.0/100 mm
– Olympus OM 2.0/180 mm
– Olympus OM 2.0/250 mm
– Minolta MC 1.2/58 mm Rokkor (1968)
– Minolta MC 1.7/85 mm Rokkor (1970)
– Mamiya 645 4.0/145 mm Soft
– Mamiya 67 RB 4.0/150 mm Variable Soft Focus
– Mamiya 67 RZ 4.0/180 mm Variable Soft Focus
– Pentax K 2.2/85 mm Soft (1986)
– Pentax KA 1.8/135 mm * (1984)
– Pentax 67 3.5/120 mm Soft (1982)
– Canon 2.8/85 mm Softfocus FD (1983)
– Minolta AF 2.8/85 mm Variosoft (1984)
– Minolta MF 2.8/135 mm STF (1999) Apodisations-Element
– Tokina MF 6.3/300 mm Spiegel (2012)
– Lomography Zenith Petzval 2.2/85 mm (2013 – Wirbel Bokeh)
– Lomography Zenith Petzval 1.9/58 mm (2016 – Wirbel Bokeh)
– Meyer-Görlitz 2.8/100 mm Trioplan (2015) – 15 Blendenlamellen, 3 Gläser = Seifenblasen-Bokeh
– Yasuhara Momo 100 6.4/43 mm – 28 mm Halbformat Sony E (2017) – einzelne Meniskus-Linse wie vor 100 Jahren
– Leica Thambar 2.2/90 mm (2017)
– Lensbaby Burnside 2.8/35 mm (2018)
– Samyang 1.4/85 mm MF (2019)
– Zeiss OTUS 1.4/100 mm (2019)
AUTOFOKUS:
– Pentax F 2.8/85 mm Soft (1989) / FA 2.8/85 mm Soft (1996)
– Pentax FA 2.8/28 mm Soft (1997)
– Canon EF 2.8/135 mm Softfocus (1987)
– Minolta AF 1.4/85 mm (1987)
– Minolta AF 2.0/100 mm (1987)
– Canon EF 1.8/200 mm L USM (1988)
– Canon EF 1.0/50 mm L USM (1989)
– Canon EF 1.2/85 mm L USM (1989)
– Nikon AF 2.0/105 mm DC (1993)
– Minolta AF 2.8/100 mm Soft-Focus (1994)
– Nikon AF 2.0/135 mm DC (1995)
– Canon EF 2.0/135 mm L USM (1996)
– Nikon AF 2.0/200 mm (2004)
– Sony Zeiss 1.8/135 mm (2006)
– Canon EF 1.2/85 mm L II (2006)
– Sony A 2.8/135 mm STF (2006)
– Canon EF 2.0/200 mm L IS USM (2008)
– Nikon AF 1.4/85 mm (2010)
– Nikon AF 2.0/200 mm (2010)
– Nikon AF 1.4/58 mm (2013)
– Fujifilm AF 1.2/56 mm APD (2014) Apodisations-Element
– Nikon AF 1.4/105 mm (2016)
– Sony E 1.4/85 mm GM (2016)
– Sony E 2.8/100 mm STF (2017) Apodisations-Element
– Canon EF 1.4/85 mm L IS USM (2017)
– Sony E 1.8/135 mm GM (2019)
– Canon RF 1.2/85 mm L USM (2019)
– Canon RF 1.2/85 mm L DS USM (2019) Apodisations-Element
– Samyang 1.4/85 mm AF (2019)
Ich bitte um Nachsicht, ich habe Mamiya-Systeme trotz meiner Arbeit damit in der Ausbildung, nie schätzen gelernt. Auch die Firmenphilosophien und Produkte wie: Nikon F, Canon FD , Minolta MD, Contax, und ältere gefielen mir weniger als Pentax, Pentax 645, Pentax 67, Olympus und Leica.
Ich danke vielmals für die Mitarbeit und Recherche – lieber FGM!